KLARTEXT ERGONOMIE IN DER KONSTRUKTION – WAS BEDEUTET DAS FÜR SIE? DR.-ING. CHRISTOPH MÜLLER Geschäftsführer CADFEM GmbH, Grafing bei München Die „nutzerzentrierte virtuelle Produktentwicklung“ rückt mehr und mehr in den Fokus der Konstrukteure. Denn in Zeiten steigender Diversifizierung der Nachfrage bezüglich der Produktanforderungen genügen schon feine Nuancen bei der Produktgestaltung, um beispielsweise das Komfortempfinden positiv zu beeinflussen. Mit einem digitalen Menschmodell sind wir in der Lage, virtuell in den menschlichen Körper hineinzublicken und anhand von Muskelaktivitäten und Gelenkkräften abzuschätzen, welche Produktauslegung optimal wäre. Mit der Simulation lassen sich Vorhersagen über die zu erwartenden Muskel- bzw. Gelenkbelastungen bei der Nutzung eines Produkts treffen. Diese Vorhersagen können bei der Festlegung von generellen Konzepten berücksichtigt werden, z. B. bei der Fahrzeugraumgestaltung. Der große Vorteil liegt darin, dass die Vorhersagen auf digitalen Menschmodellen beruhen und schon in frühen Phasen der virtuellen Produktentwicklung zur Verfügung stehen, also vor dem Bau erster Prototypen. Musste sich früher der Mensch an die Maschine anpassen, verlangt heute schon die Maschinenrichtlinie das Gegenteil: Maschinen müssen demnach so konstruiert sein, dass die Personen ergonomisch gut daran arbeiten können. Doch Ergonomie in der Konstruktion ist ein weites Feld. Was sagen Komponenten-Hersteller, Softwareanbieter und die Berufsgenossenschaft dazu? Wir haben nachgefragt. DIGITALE MENSCH- MODELLE SIND GUTE HILFSMITTEL FEEDBACK ALLER NUTZERGRUPPEN BERÜCKSICHTIGEN SPECIAL JOCHEN ECKARDT Mitarbeiter in der Abteilung Gesundheitsschutz der Berufsgenossenschaft Holz und Metall, BGHM, Mainz Das Thema Ergonomie ist im Hinblick auf Anforderungen des Arbeitsschutzgesetzes und zugeordneter Verordnungen wie auch der Ökonomie zunehmend zu berücksichtigen. Ergonomische Arbeitsmittel tragen zu optimierter physischer und psychischer Belastung und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten bei. Für Betreiber ist die ergonomische (Um-)Gestaltung von Arbeitssystemen in der Nutzungsphase wesentlich teurer, als bei einer entsprechenden Berücksichtigung bspw. während der Konzeption/-Planungsphase. Die bedienungs-, montage- und instandhaltungsgerechte Gestaltung sind bei der Konstruktion ergonomischer Arbeitsmittel und Maschinen wesentliche Ziele und bei steigendem Altersdurchschnitt der Belegschaft auch die alters- und alternsgerechte Arbeitsgestaltung. Diese Prinzipien müssen auch bei der Industrie 4.0 umgesetzt werden. Konstrukteure benötigen neben technischer Expertise auch Wissen über menschengerechte Gestaltung von Arbeitsmitteln und -systemen. Dabei sollte auch das Feedback aller Nutzergruppen Berücksichtigung finden. Die gesetzlichen Unfallversicherungsträger beraten Konstrukteure zu Fragen der Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Praxisnahe Fachinformationen und Lehrunterlagen bietet z. B. „KAN-Praxis-Module: Ergonomie lernen“ (https://ergonomie.kan-praxis.de/das-projekt/). 42 DER KONSTRUKTEUR 1-2/2017
KLARTEXT DENIS BARRIER Produktmanagement Manuelle Produktionssysteme, Bosch Rexroth AG, Stuttgart Bis zu 40 % der Leistung, die ein Mensch während seiner Arbeitszeit erbringen kann, wird durch falsche Körperhaltung verschwendet. Hinzu kommt die derzeitige demographische Entwicklung hin zu einer immer älter werdenden Gesellschaft. Um die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter dauerhaft zu erhalten, muss frühzeitig in entsprechende Arbeitsmittel investiert werden. Unsere Produkte lassen sich auf die Mitarbeiter einstellen in Höhe, Tiefe und Helligkeit. Das Standard-Zubehör ist MTM-(Method of Time Measurement)-optimiert, um beispielsweise Greifzeiten zu reduzieren und so Verschwendung in der Planung, Beschaffung und Anwendung zu reduzieren. Zudem unterstützen wir den Konstrukteur und Fertigungsplaner mit entsprechenden Tools wie z. B. einem Ergonomie-Ratgeber, einer Ergonomie-App und dem Projektierungstool MTpro. Mit der ManModel Funktion innerhalb MTpro lassen sich ergonomische Aspekte der Arbeitsplatzgestaltung bereits bei der Planung berücksichtigen. So wird Ergonomie von Anfang an kostengünstig in den Fertigungsalltag integriert. ERGONOMIE-TOOLS UNTERSTÜTZEN KONSTRUKTEURE WIR BIETEN WERKZEUGE, KOMPONENTEN UND KNOW-HOW ANDREAS BÖHNLEIN Geschäftsführer Forschung und Entwicklung bei MiniTec, Schönenberg-Kübelberg MiniTec unterstützt Konstrukteure und Techniker mit einer Vielzahl von Werkzeugen, Komponenten sowie Know-how für die Planung und Fertigung ergonomischer Arbeitsumgebungen. Die Basis hierzu bilden Komponenten aus dem firmeneigenen Baukastensystem, die CAD-Software iCAD Assembler sowie Ergonomie-Schulungen und Workshops. Für die Konstruktion bietet der MiniTec-Baukasten eine Vielzahl von passgenauen Komponenten, mit denen sich beispielsweise höhenverstellbare Arbeitsplätze, Förder- und Hebeeinrichtungen oder Montageanlagen unter modernsten ergonomischen Aspekten realisieren lassen. Spezielle Komponenten wie gebogene Profile, Armauflagen oder die passende Beleuchtung für ermüdungsfreies Arbeiten komplettieren das System. Auf Wunsch werden auch individuelle Lösungen geliefert. Mit dem systemneutralen 3D-Planungstool iCAD Assembler für Konstruktion, Arbeitsvorbereitung und Montage können Bauteile aus einer sehr umfangreichen Bibliothek unabhängig von der CAD-Software sehr einfach konfiguriert und über Einfügepunkte zusammengebaut werden. Die Software generiert automatisch Stücklisten und bietet Konfiguratoren für häufig vorkommende Anwendungen. Mehr als 80 Schnittstellen zu allen gängigen CAD-Systemen sowie Standardformaten ermöglichen die Weiterbearbeitung der Daten. DER KONSTRUKTEUR 1-2/2017 43
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