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DER KONSTRUKTEUR 10/2016

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KONSTRUKTIONSELEMENTE

KONSTRUKTIONSELEMENTE Hochleistungskeramik mit Zukunft Forsterit, seine Herstellungs-, Verarbeitungs- und Einsatzmöglichkeiten Im Jahr 1824 entdeckten Forscher am Monte Somma, zu dem auch der Vulkankegel des Vesuvs gehört, ein Mineral mit der chemischen Zusammensetzung Mg 2 SiO 4 , das später als Forsterit benannt wurde. Der aus Magnesiumoxid (MgO) und Siliziumdioxid (SiO 2 ) künstlich hergestellte Werkstoff Forsterit zeichnet sich durch eine interessante Kombination physikalischer Eigenschaften aus. Forsterit, ein silikatkeramischer Werkstoff, nimmt mit Blick auf die technologischen Eigenschaften und damit die industriellen Anwendungsmöglichkeiten eine Zwischenstellung zwischen den vielfach genutzten Werkstoffen Steatit und Zirkoniumdioxid ein. Aufschlussreich ist dabei ein vergleichender Blick auf die technologischen Eigenschaften dieser Werkstoffe. 74 Der Konstrukteur 10/2016

KONSTRUKTIONSELEMENTE Steatit verfügt über geringe Zähigkeit Forsterit eignet sich ideal für Bauteile, in denen unterschiedliche Werkstoffe miteinander kombiniert werden Keramische Werkstoffe sind neben Metallen, Kunststoffen und Glas sehr wichtige industriell genutzte Werkstoffe. Sie zeichnen sich aus durch hohe Festigkeit, Temperaturwechselbeständigkeit, Feuerfestigkeit, Abrieb- und Verschleißfestigkeit sowie Korrosionsbeständigkeit; darüber hinaus wirken sie elektrisch isolierend, sind lebensmittelverträglich und haben eine hohe Alterungsbeständigkeit. Die geringe Duktilität (Zähigkeit) lässt sich durch die Materialauswahl positiv beeinflussen. Technische Keramik umfasst die Gruppen Silikatkeramik, Oxidkeramik und Nichtoxidkeramik. Steatitkeramik besteht zu rund 90 % aus Speckstein, einem Magnesiumsilikat mit der Zusammensetzung Mg 3 Si4O 10 (OH) 2 , sowie Ton und Flussmitteln wie Feldspat oder Bariumcarbonat wie bei Hochfrequenzsteatit. Steatit hat eine hohe mechanische Festigkeit, ist temperatur-, alterungs- und UVbeständig und zeichnet sich außerdem durch hohe Kriechstrom- und Durchschlagfestigkeit aus. Aus Steatit können Bauteile mit dünnen, gleichmäßigen Wandstärken hergestellt werden, was den Vorteil hat, dass mechanische Spannungen, die während der Wärmbehandlung entstehen können, schadlos abgebaut werden können. Diese Teile sind maßgenau und formstabil bis zu Temperaturen von 1000 °C. Sondersteatit, auch Hochfrequenzsteatit 01 Dreistoffsystem MgO – SiO 2 – Al 2 O 3 : Je nach Mischungsverhältnis lassen sich aus diesen Werkstoffen z. B. Steatit, Cordierit, Korund oder Forsterit herstellen; Forsterit (Mg 2 SiO 4 ) besteht im reinen Zustand zu 63 % aus MgO und zu 37 % aus SiO 2 genannt, hat sehr gute mechanische und dielektrische Eigenschaften und wird deshalb bevorzugt zu Bauteilen für die Elektrotechnik, die Elektronik und die Wärmetechnik verarbeitet. Beispiele sind Isolatoren, besonders im Hochfrequenzbereich, Sicherungshalter und -körper, Heizleiterträger, Klemmenleisten, Röhrensockel, Reglergehäuse und Grundplatten. Hoher Wärmeausdehnungskoeffizient bei Zirkoniumdioxid Zirkoniumdioxid (ZrO 2 ) weist die höchste mechanische Festigkeit auf, ist verschleißund korrosionsbeständig, hat gute tribologische Eigenschaften, so dass es sich sehr gut für Werkstoffverbindungen eignet, und kann bei Temperaturen von bis zu 1100 °C genutzt werden. Der Werkstoff hat eine relativ hohe Bruchzähigkeit und einen hohen Wärmeausdehnungskoeffizienten (WAK). Dieser Kennwert, der das Ausdehnungsverhalten eines Werkstoffes bei Temperaturveränderungen beschreibt, beträgt 10 bis 12 x 10 -6 K -1 und ist damit ähnlich dem von Gusseisen (10 x 10 -6 K -1 ) oder Titan (10,8 x 10 -6 K -1 ). Damit ist Zirkoniumdioxid interessant für Anwendungsfälle, bei denen Teile aus verschiedenen Werkstoffarten, beispielsweise Metall und Keramik, miteinander gefügt werden müssen. Zirkoniumdioxid wird als Feuerfestkeramik, als Technische Keramik im Maschinenbau sowie als prothetisches Material in der Medizin- und Zahnmedizintechnik eingesetzt. Da der Werkstoff mit entsprechender Stabilisierung bei höherer Temperatur Sauerstoffionen elektrolytisch leiten kann, wird er auch genutzt, um Sauerstoffpartialdrücke zu messen, z. B. in der Lambda-Sonde für die Abgasregelung von Benzinmotoren. Forsterit gleichrangig zu Zirkoniumoxid Forsterit (Mg 2 SiO 4 ) zeichnet sich durch etliche Eigenschaften aus, die ihn zu einem für Ingenieure und Konstrukteure sehr interessanten Werkstoff machen. Hervorzuheben sind eine hohe mechanische Festigkeit, sehr gute thermische und elektrische Isolationsfähigkeit auch bei hohen Temperaturen, Biokompatibilität und ein je nach Reinheitsgrad hoher Wärmeausdehungskoeffizient von etwa 10 bis 11 x 10 -6 K -1 . Forsterit eignet sich deshalb sehr gut für Der Konstrukteur 10/2016 75