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DER KONSTRUKTEUR 10/2016

DER KONSTRUKTEUR 10/2016

KONSTRUKTIONSELEMENTE

KONSTRUKTIONSELEMENTE Aufeinander abgestimmt Dichtungswerkstoff für synthetische Schmierstoffe in Getrieben Synthetische Ester und Polyglykole sind im Vergleich zu mineralischen Schmierstoffen umweltverträglich, bieten ein breiteren Temperatur- Einsatzbereich und haben eine bessere oxidative Beständigkeit. Hauptnachteil war bislang ihre Auswirkung auf das Dichtungsmaterial in den Getrieben. Um die Beständigkeit von Dichtungen gegenüber synthetischen Schmierstoffen zu optimieren, wurde ein spezieller Dichtungswerkstoff aus Fluorkautschuk (FKM) entwickelt. Die Hauptaufgabe von Schmierölen in Getrieben besteht darin, Reibung und Verschleiß zu reduzieren. Auch die eingebauten Dichtungen benötigen für die zuverlässige Abdichtung und möglichst lange Lebensdauer eine ausreichende Schmierung. In geschlossenen Industriegetrieben werden heute zu einem großen Teil Getriebe ­ öle ver wendet, die auf Mineralölen basieren. Die Anwendung synthetischer Getriebeöle bietet sich immer dann an, wenn Mineralöle entweder die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit erreicht haben oder eine höhere Umweltverträglichkeit gefordert wird. Die Folge ist, dass schnell abbaubare synthetische Esteröle immer häufiger eingesetzt werden. Welche Auswirkungen haben sie auf die Dichtungen in einem Getriebe? Synthetische Öle in Getrieben Getriebeöle werden als Standardöle nach DIN 51 517/03 klassifiziert und entsprechen damit den Anforderungen an Fresssicherheit und Verschleißschutz von Zahnrädern bzw. Wälzlagern. Das reicht aber nicht aus, um die Erwartungen an Dichtungen in Getrieben in Bezug auf Zuverlässigkeit und Lebensdauer zu erfüllen. Getriebeöle bestehen zum größten Teil aus einem Grundöl und Additven in unterschiedlichen Kombinationen und Konzentrationen. Diese werden zugesetzt, um die steigenden Anforderungen der Öle in Bezug auf die Leistungsdichte der Getriebe mit höheren Drehzahlen, Temperaturen und mechanischen Belastungen zu erfüllen. Grundöl und Additve zusammen bestimmen die rheologischen, chemischen und tribologischen Eigenschaften des Öls. Bei Bioschmierstoffen ist das Grundöl kein Mineralöl sondern entweder ein Pflanzenöl oder ein Öl auf synthetischer Basis – dazu gehören synthetische Ester und Polyglykole. Synthetische Ester werden bevorzugt dort eingesetzt, wo sie durch eine Leckage ins Erdreich oder in Gewässer gelangen können und daher innerhalb einer definierten Zeit abgebaut sein müssen. Diese Bioschmierstoffe sind zu mindestens 25 % aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt, zu mehr als 60 % biologisch abbaubar und toxisch unbedenklich eingestuft. Synthetische Ester reichen in ihrer Leistungsfähigkeit fast an Polyglykole heran und bieten neben ihrer Umweltverträglichkeit im Vergleich zu Mineralölen noch weitere Vorteile. Dazu zählen der breitere Temperatur-Einsatzbereich bis über 150 °C, die bessere oxidative Beständigkeit, längere Ölwechselintervalle sowie das Fließverhalten bei niedrigen Temperaturen. Ein besonders wichtiger Aspekt ist der höhere Verschleißschutz und – speziell bei Schnecken- und Hypoidgetrieben – eine deutliche Verbesserung des Wirkungsgrades. Besonders effizient bei diesen Getriebearten mit hohem Gleitanteil ist die Schmierung mit Polyglykol. Hier sind Steigerungen im Wirkungsgrad von bis zu 35 % möglich. Darüber hinaus wird eine signifikante längere Lebensdauer der Verzahnung erreicht. Verschleißfester FKM-Werkstoff Einer der wenigen Nachteile synthetischer Öle war bislang die negative Auswirkung auf 82 Der Konstrukteur 10/2016

KONSTRUKTIONSELEMENTE Elastomere. Dies ist der am häufigsten genutzte Werkstoff für Dichtungen in Getrieben. Auslöser der Wechselwirkung zwischen Elastomeren wie NBR (Acrylnitril- Butadien-Kautschuk) oder FKM (Fluorkautschuk) und dem Schmieröl ist die Additivierung. Das hängt damit zusammen, dass sich die Ad ditive, die sowohl dem Öl als auch den Elastomeren zugesetzt werden, in ihrer chemischen Zusammensetzung ähneln. Schon kleinste Veränderungen der Konzentration haben chemische und physikalische Auswirkungen zur Folge. Dazu zählen neben der Änderung des Reibmoments und der Volumenzunahme auch die Änderung der gummielastischen Eigenschaften und damit des Rückstellvermögens. Das wirkt der Vorspannung entgegen und reduziert letztendlich die Radialkraft; einer der zentralen Parameter für ein sicheres Abdichten von Simmerringen (Radial-Wellendichtringe) an rotierenden Wellen. Die einwandfreie Funktion der Dichtung wird nur dann erreicht, wenn in dem tribologischen System nicht nur Wellenoberfläche und Simmerring, sondern auch Schmierstoff und Dichtungsmaterial optimal aufeinander abgestimmt sein. Freudenberg Sealing Technologies hat daher einen speziellen Dichtungswerkstoff entwickelt, um die Beständigkeit von Dichtungen in Getrieben gegenüber den immer häufiger eingesetzten Ölen auf synthetischer Basis zu optimieren. Das besonders verschleißfeste Material aus Fluorkautschuk (75 FKM 260466) wurde speziell für Radialwellendichtungen in Industriegetrieben mit synthetischen Ölen wie Ester und Polyglykole konzipiert. Das garantiert längere Laufzeiten und geringeren Verschleiß in unterschiedlichen Lastund Temperaturbereichen, was die Verfügbarkeit der Motoren deutlich verbessert. Validierung der Schmierstoffe Die Verträglichkeit zwischen Dichtungswerkstoff und Öl muss für die einwandfreie Dichtfunktion gewährleistet sein Die Beständigkeit des neuen FKM-Werkstoffs zeigt sich auch am Beispiel einer maritimen Anwendung. Der Voith Schneider Propeller ist eine außergewöhnliche Konstruktion. Er ist Antrieb und Lenkung zugleich und ermöglicht ein zentimetergenaues Manövrieren. Wie effizient die neuen Dichtungen arbeiten, zeigte ein einjähriger Feldtest der Rheinfähre „Michael“ zwischen Ingelheim und Oestrich-Winkel. Sie fährt täglich im Zwanzig- oder Dreißigminutentakt von einem Ufer ans andere. Auch nach einem Jahr Einsatzzeit sehen die Öldichtungen aus wie neu. Ausgiebige Screening-Tests und Prüfläufe im Prüffeld in Weinheim haben die Praxistauglichkeit des umweltfreundlichen Dichtungs-/Schmierstoffgespanns bestätigt. Im Einsatz in dem Voith Schneider Propeller haben sich die neuen Dichtungen bewährt Wie wichtig eine Verträglichkeit zwischen Dichtungswerkstoff und Öl ist, zeigt sich darin, dass große Getriebehersteller mittlerweile eine Validierung der Schmierstoffe für die Dichtungen vorschreiben, die in ihren Getrieben eingesetzt werden. Erst wenn die entsprechenden Testkriterien unter praxisnahen Bedingungen erfüllt sind, erfolgt die globale Freigabe für den Schmierstoff. Freudenberg Sealing Technologies bietet die dazu notwenigen statischen und hochdynamischen Prüfungen auf dem größten Simmerring-Prüffeld der Welt als Dienstleistung an. Bilder: Freudenberg / Fotolia; Bild 1 Voith www.freudenberg.de INDUSTRIE 4.0 EINFACH. FLEXIBEL. PERFEKT. Greiferserie GEH6000IL +Höchste Leistungsdichte +Brushless DC Servo-Motor +Integrierter Controller / Advanced Control Modul +Vorprogrammierte Verfahrprofile +Selbsthemmungbei Stromabfall +IO-Link Einkabellösung THE KNOW-HOW FACTORY Besuchen Sie uns auf der Motek, Halle 3/Stand 3201 www.zimmer-group.de