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DER KONSTRUKTEUR 10/2017

DER KONSTRUKTEUR 10/2017

KLARTEXT WIE

KLARTEXT WIE VERÄNDERT 3D-DRUCK DIE KONSTRUKTION? FLORIAN BAUTZ Geschäftsführer, German RepRap GmbH, Feldkirchen Der Einsatz der 3D-Druck-Technologie führt immer mehr zum Umdenken in der Industrie, auch bei Designern und Konstrukteuren. Oftmals wird additive Fertigung eingesetzt, um beispielsweise im Bereich Prototypenbau Zeit- und Kostenersparnisse zu bewirken. Der Ansatz heutzutage geht aber weit darüber hinaus. Neben den Kenntnissen über die konventionelle Fertigung sowie der Bedienung von CAD-Systemen, kommt die Fähigkeit hinzu, Dinge in Frage stellen zu können. Die Konstruktionen müssen von Grund auf neu überdacht werden. Dazu gehört ebenso, Analogien aus anderen, für die Beteiligten oft artfremden Bereichen, zu berücksichtigen. Dies eröffnet oft gänzlich neue Blickwinkel und führt zu neuen Ideen, was Konstruktionen angeht, auch im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit. Die Produktentwicklung ist eng verwoben mit dem Herstellungsprozess. Was konstruiert wird, muss (wirtschaftlich) produzierbar sein. Andererseits können die Produkte nur so gefertigt werden, wie sie auch entworfen wurden. Die Zwänge und Möglichkeiten des jeweiligen Herstellungsverfahrens sollten also entscheidenden Einfluss auf die Konstruktion haben. Wie sieht das beim Thema additive Fertigung aus? SCHON DAS UMDENKEN BEI DER KONSTRUK- TION MACHT NEUE WEGE- SICHTBAR DIE GENERATIVE FERTIGUNG BEFREIT DIE KONSTRUKTION WEITGEHEND VON FERTIGUNGS- GRENZEN SPECIAL RALF BURGHOFF Technischer Assistent der Geschäftsführung, Murtfeldt Kunststoffe GmbH & Co. KG, Dortmund Mit der additiven Fertigung werden viele neue Geschäftsmodelle entstehen. Dabei gilt es, den Umstieg von derzeitigen Produkten und Prozessen auf vollständig neue Konzepte zu schaffen. Der Konstrukteur muss und kann jetzt ein Bauteil komplett neu erdenken – ohne die bisherigen Limitierungen. Ein Paradigmenwechsel ist hier gefragt – weg von der fertigungsgesteuerten Konstruktion hin zur konstruktionsbedingten Fertigung. Hierbei ermöglicht dann die generative Fertigung eine weitgehende Befreiung der Konstruktion von Fertigungsgrenzen. Die Kunst besteht darin, neue Denkprozesse anzustoßen. Zudem müssen wir uns auch fragen, was den Kunden einen Mehrwert bietet und wie ich diesen erreiche. 88 DER KONSTRUKTEUR 10/2017

KLARTEXT KLAUS MÜLLER-LOHMEIER Global R&D Services and Excellence, Festo AG & Co. KG, Esslingen Additive Fertigung in der Serie – wie bei allen anderen Fertigungsverfahren auch – macht nur da Sinn, wo ein Mehrwert ökonomischer und/oder technologischer Art gehoben werden kann. Hierzu ist aber im Neuheitenentstehungsprozess ein frühestmögliches Zusammenwirken von Design und Fertigung notwendig, um einerseits die neuen gestalterischen Optionen wirklich auszuschöpfen und gleichzeitig die fertigungsbedingten Restriktionen, die es auch beim 3D-Druck gibt, hinreichend zu berücksichtigen. Hindernisse hierbei sind derzeit noch nicht flächendeckend verbreitete Kenntnisse in beiden Gebieten sowie Barrieren existierender organisatorischer Ablaufprozesse. EIN FRÜHESTMÖGLICHES ZUSAMMENWIRKEN VON DESIGN UND FERTIGUNG IST NOTWENDIG ADDITIVE FERTIGUNG IST MIT DER TOPOLOGIEOPTIMIERUNG NICHT ABGEHAKT KARL OSTI Industry Manager Manufacturing, Autodesk GmbH, München Additive Fertigung hat wie kaum ein anderes Herstellungsverfahren Einfluss auf die Konstruktion. Denn die Möglichkeiten und Abhängigkeiten sind verglichen mit anderen Methoden besonders umfangreich. Dadurch wird vieles, was als bewährt gilt, auf den Prüfstand gestellt. Das geht von Konstruktionshandbüchern bis hin zu den benötigten Softwarelösungen. Wichtig ist, dass wir die additive Fertigung als eine komplementäre Konstruktions- und Fertigungsmethode ansehen. Nur so lassen sich die Vorteile des Verfahrens voll ausschöpfen. Dazu gehört, dass additive Fertigung nicht mit der Topologieoptimierung abgehakt ist, sondern weit darüber hinausgeht. Eine weitere Besonderheit: Additive Fertigung verlangt Konstrukteuren sehr viel Know-how ab. Noch gibt es nur wenige Experten, die mit der Technologie arbeiten können. Mit verschiedenen Lösungen und Initiativen tragen wir deshalb dazu bei, dass additive Fertigung langfristig Teil der „DNA“ aller Konstrukteure wird. DER KONSTRUKTEUR 10/2017 89