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DER KONSTRUKTEUR 12/2016

DER KONSTRUKTEUR 12/2016

INTERVIEW AUS GUTEM HOLZ

INTERVIEW AUS GUTEM HOLZ GESCHNITZT? 01 Georg Messerschmidt, Produktmanager bei HEINRICH KIPP WERK KG, Sulz am Neckar: „Wir eröffnen den verantwortlichen Konstrukteuren eine neue Alternative“ Öko ist in, keine Frage – aber gilt das auch im Maschinenbau? Der Hersteller von Normelementen Kipp hat kürzlich Bedienteile aus einem Bio-Kunststoff auf Basis von Holzfasern vorgestellt. Wir sprachen mit Georg Messerschmidt, dem Produktmanager. PRODUKTE UND ANWENDUNGEN Herr Messerschmidt, wie kamen Sie auf die Idee, Bedienteile aus umweltschonenden Materialien herzustellen? Wollen Sie nachhaltig sein, wollen Ihre Kunden nachhaltig sein, oder wollen Sie, dass Ihre Kunden nachhaltig sind? Im Heinrich Kipp Werk ist das Thema Nachhaltigkeit traditionell sehr wichtig. Deshalb haben wir uns über die Zukunft von Bedienteilen Gedanken gemacht. Dabei kamen wir aufgrund unseres Standorts, der Nähe zum Schwarzwald, schnell auf das Material Holz. Um genau zu sein Flüssigholz. In den Märkten in denen wir uns bewegen, gehört viel Mut dazu, etwas Neues außerhalb der Norm herzustellen. Wir haben uns gefragt: Warum werden Bedienteile bisher nicht im Material Biopolymer angeboten? Die Antwort: Eine Umstellung von Kunststoff auf Biopolymer erfordert einige Grundvoraussetzungen in der Produktion. Durch unsere hohe Fertigungstiefe, den großen Maschinenpark und unser Know-how im Spritzguss sind wir im Moment einer von wenigen Herstellern in Deutschland, die das umsetzen können. Wir haben uns Anfang 2016 dafür entschieden – und produzieren seitdem Bedienteile unter der Bezeichnung Nature Grip. Die Nutzung des Materials Biopolymer hat mehrere neue Aspekte. An erster Stelle steht das Bestreben nach Unabhängigkeit von Erdöl und Erdölprodukten. Das Bewusstsein für den schonenden Umgang mit endlichen Ressourcen nimmt stetig zu. Wir eröffnen hier den verantwortlichen Einkäufern, Händlern oder Konstrukteuren eine neue Alternative. Die Entscheidung für nachhaltiges Handeln liegt dann beim Kunden. Seit der Einführung der Nature-Grip-Produkte verzeichnen wir aber bereits großes Interesse im Markt.

Bio-Kunststoff, der Begriff ist nicht geschützt und wird nicht einheitlich verwendet. Wie ist das bei Ihren Griffen? Besteht der Kunststoff zu Teilen oder völlig aus nachwachsenden Rohstoffen? Wir verwenden für Nature Grip nur Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen. Ein Kernbaustein des Granulats ist ein glukosebasiertes Polymer, welches mit Naturfasern aus PEFC-zertifizierter Waldbewirtschaftung ergänzt wird, um die Steifigkeit zu erhöhen; daher auch die natürliche Holzfaser-Optik. Für optisch neutrale Anwendungen gibt es auch eine schwarz eingefärbte Produktvariante. Hier haben wir uns, aus rein optischen Gründen, für einen Zusatz mit Glasfaserpartikeln anstelle von Holzfaserpartikeln entschieden. Das Grundgranulat ist das Gleiche. Worauf haben Sie bei der Auswahl des Werkstoffs geachtet? In erster Linie müssen wir das Material auf unseren vorhandenen Produktionsanlagen verarbeiten können. Zusätzlich sollten die Produkte unsere hohen Qualitätstests bestehen sowie unseren optischen Anforderungen genügen. Natürlich haben auch Produktionskosten beim Herstellen einen Einfluss auf das Ausgangsmaterial gehabt. War es schwierig, einen geeigneten Werkstoff bzw. Werkstoffanbieter zu finden, oder ist die Auswahl hier groß? Die Anzahl der Biopolymer-Spezialisten ist im Moment noch recht überschaubar. Wir sind mit einigen Anbietern ins Gespräch gegangen, haben uns aber recht schnell auf einen Partner festgelegt. Wie sind die Produkteigenschaften im Vergleich zu Bedienteilen aus herkömmlichen Materialien? Gibt es bezüglich der Leistungsfähigkeit Nachteile oder eröffnet das Material sogar neue Möglichkeiten? Bedienteile werden manuell betätigt. Deshalb treten auch keine extremen Kräfte auf, wie z. B. bei sonstigen Maschinenteilen. Aus diesem Grund können wir auch mit Biopolymeren ein ausgezeichnetes Produkt anbieten. Die Eigenschaften von Nature Grip ähneln sehr stark denen der Produkte aus Standard-Kunststoff. Wir haben gute Beständigkeit gegenüber starken Säuren und Laugen und die Produkte sind kurzzeitig gegen Öle, Fette, Kraftstoffe und Mineralöle beständig. Somit steht der neue Werkstoff dem bisherigen Kunststoff in nichts nach. Zurzeit prüfen wir die Produkte zusätzlich auf Bio- Kompatibilität, also die Verträglichkeit des Materials durch den Menschen – die Auswirkung auf den Körper. Wir erwarten hier ein besseres Ergebnis als beim Standard-Kunststoff. www.kippwerk.de Das Interview führte unsere Redakteurin Martina Heimerl. 02 Ein Kernbaustein des Granulats ist ein glukosebasiertes Polymer, es wird mit Naturfasern aus PEFC-zertifizierter Waldbewirtschaftung ergänzt – daher auch die natürliche Holzfaser-Optik DER KONSTRUKTEUR 12/2016 21 Rotorclip.indd 1 04.03.2016 13:39:51