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DER KONSTRUKTEUR 12/2020

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DER KONSTRUKTEUR 12/2020

LEICHTBAU & BIONIK

LEICHTBAU & BIONIK BIONIK WÄCHST VIRTUELL SPECIAL Um Innovationen zu erschaffen, lohnt sich ein Blick in die Natur: Die moderne Konstruktion macht sich mehr und mehr Strukturen aus der Tier- und Pflanzenwelt zunutze. Was sich über Jahrmillionen in Bienenwaben oder im Knochenaufbau entwickelt und bewährt hat, wird zunehmend für die Erstellung von Bauteilen genutzt. Doch nur mithilfe eines allumfassenden und digitalen Prozesses in der Herstellung kann das Potenzial voll ausgeschöpft werden. Fertigungsunternehmen setzen in der Herstellung ihrer Bauteile meist auf bewährte Materialien und Konstruktionen, die eine hohe Stabilität und eine lange Haltbarkeit versprechen. In den letzten Jahren fand jedoch ein Umdenken statt: Mit einer Rückbesinnung auf Vorbilder aus der Natur, kombiniert mit neuen digitalen Herstellungsverfahren, können Unternehmen heute neue Wege gehen – und zudem wirtschaftlicher arbeiten. Den Grundstein hierfür legt die additive Fertigung. Selbst komplexe Bauformen, die in ihrer Konstruktion und Beschaffenheit an der Natur angelehnt sind, lassen sich damit realisieren. So versprechen etwa Waben- oder auch Spiralanordnungen einen verbesserten und stabileren Aufbau, bei gleichzeitig geringerem Gewicht und optimierter Materialverwendung. Als Schlüsselfaktor gilt jedoch, dass die Entwicklung des Produktes in einer vollständig virtualisierten und auf additive Fertigung spezialisierten Umgebung geschieht, um Entwicklungssprünge zu realisieren und zugleich langfristig Herstellungskosten zu minimieren. Autorin: Carola von Wendland, Dassault Systèmes, München VOM PROTOTYPING ZUM MANUFACTURING Die Grundlage bildet eine Plattform, die es ermöglicht, den Schaffungsprozess in seiner Gesamtheit abzubilden. Dies ist oftmals eine strategische Entscheidung für Unternehmen, da sie langerprobte Konstruktionsschritte von Grund auf neu definieren müssen. Additive Manufacturing ist dabei nur die konsequente Weiterentwicklung einer Idee, die zunächst vor allem im Prototyping genutzt wurde. Zwei zentrale Aspekte sind Basis eines modernen additiven Konstruktionsvorgangs: Zum einen sind durch die neuen technologischen Möglichkeiten die Grenzen von additiver Fertigung heute weiter denn je. Topologieoptimierung wird schon seit längerer Zeit angewendet – jetzt erst kann jedoch die ganze Bandbreite dieser Technik genutzt werden. Das hat verschiedene Effekte: Die Materialanforderungen haben sich erhöht, ideale Druckvorgänge müssen erst geschaffen werden und die Produktqualität muss den exakten Anforderungen entsprechen, die zu Beginn des Prozesses definiert wurden. Daher müssen viele Schritte in einer kompakten Art und Weise koordiniert werden und verschiedene Ingenieursdisziplinen stärker miteinander kommunizieren. Hier kommt der Plattformgedanke ins Spiel, der den Austausch zwischen Experten ermöglicht und so ganzheitliches Additive Manufacturing zulässt. Mit einer Business-Plattform, wie der 3DExperience-Plattform von Dassault Systèmes, gehen Fertigungsunternehmen neue Wege. Von der Idee bis zum fertigen Produkt geht der Entwicklungsprozess vollständig in der virtuellen Welt vonstatten. Teile lassen sich bereits im Konstruktionsprozess ausgiebig auf ihre Funktion und andere Aspekte testen und optimieren. Doch eine Plattform bietet mehr: Sie ermöglicht, dass alle am Prozess beteiligten Entwickler jederzeit auf eine gemeinsame grafische Oberfläche sowie ein einheitliches Datenmodell zugreifen. Dies ist der Schlüssel für ein neues Zeitalter in der Fertigung. UMFASSENDER INFORMATIONSAUSTAUSCH Wo bislang in der Produktentwicklung in voneinander getrennten Prozessen gearbeitet wurde, steht nun ein übergreifender Prozess 36 DER KONSTRUKTEUR 2020/12 www.derkonstrukteur.de

LEICHTBAU & BIONIK 01 Unterschiedlichste Branchen, z. B. die Automobilindustrie, setzen auf additive Fertigung, um Strukturen nachzubilden, die sich in der Natur bewährt haben 02 Mithilfe von Simulationen können Konstrukteure herausfinden, warum ein Material aus der Natur so beschaffen ist wie es ist voran. Statt etwa Geometrie-, Fertigungs- sowie Simulationsmodelle eines Bauteils zu erstellen, können durch einheitliche Daten – die in jedem Schritt zugänglich sind – auf einer kollaborativen Plattform all diese Modelle miteinander verknüpft werden. In der virtuellen Umgebung werden dadurch beispielsweise Änderungen an der Geometrie sofort auch in Funktionsmodellen umgesetzt. Dies spart wertvolle Entwicklungszeit, da die einzelnen Schritte nicht von Beginn an neu durchgeführt werden müssen. Die digitale Abbildung aller einzelnen Schritte in der additiven Fertigung unterstützt damit Konstrukteure, funktionale Anforderungen mit neuem Bauteildesign schneller zu verknüpfen. In der Bionik stellt dies einen enormen Vorteil dar, da nun natürliche Strukturen schneller, präziser und genauer nachgebildet, und UM VON DER NATUR OPTIMAL LERNEN ZU KÖNNEN, MÜSSEN KONSTRUKTEURE DEN SCHRITT IN DIE VIRTUELLE WELT WAGEN durch umfangreiche sowie kostengünstige Simulationen, diese rascher analysiert und verglichen werden können. Zudem lassen sich leichte Abweichungen des per 3D-Druck hergestellten Bauteils bereits in einer virtuellen Umgebung vorhersagen und somit in der Planung berücksichtigen – was zusätzliche Einsparungen in der Herstellung zulässt. DIE INNOVATIONEN VON MORGEN Zurückkommend auf die Nachbildung der Natur in der Konstruk tion zeigt sich, wie die Verschmelzung moderner additiver Herstellungsverfahren in Kombination mit einer virtuellen Produktionsumgebung für viele Unternehmen Vorteile bietet. Aus der Natur ist bekannt, dass etwa nur an neuralgischen Stellen mehr Material wächst – etwa bei Ästen. Diese evolutionäre Entwicklung schafft maximale Stabilität bei gleichzeitiger Optimierung des Gewichts. NACHHALTIGE FERTIGUNG NACH DEM VORBILD DER NATUR Mit Simulation, additiven Fertigungsverfahren und 3D-Druck können Unternehmen ihre Fertigung nachhaltiger gestalten. Durch die Reduzierung von Ausschuss und physischen Prototypen werden Ressourcen geschont. Auch der Energieverbrauch wird reduziert – statt vieler verschiedener Maschinen mit hohem Energieverbrauch, wird nur noch ein 3D-Drucker benötigt. Zudem können Einzelteile selbst entwickelt und müssen nicht mehr zugeliefert werden. Unternehmen können also nicht nur von der Natur lernen, sondern gleichzeitig durch eine ressourcenschonende Fertigung dazu beitragen, die Natur zu erhalten. Simulationslösungen können diese Potenziale bei Bauteilen erkennen. Zudem sind moderne Herstellungsverfahren in der additiven Fertigung erstmals in der Lage, auch feinste Strukturen nachzubilden, die zusätzliche Einsparungen ermöglichen. Dies bedeutet: Ein Plus an Stabilität, Haltbarkeit bei gleichzeitiger Verringerung des Materialgewichts sowie der benötigten Kosten. So paradox es klingen mag: Um von der Natur optimal lernen zu können, müssen Konstrukteure den Schritt in die virtuelle Welt wagen. Mithilfe von Simulationen lässt sich herausfinden, warum ein Material, eine Konstruktion oder ein Vorgang aus der Natur so beschaffen ist wie er ist. Eine Plattform bildet dann die Basis um die gelernten Erkenntnisse in ein virtuelles Modell zu übertragen und daraus ein innovatives, effizientes und nachhaltiges Produkt zu schaffen. Bilder: Aufmacher: lidiia – stock.adobe.com, Sonstige: Dassault Systèmes www.3ds.com www.derkonstrukteur.de DER KONSTRUKTEUR 2020/12 37