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DER KONSTRUKTEUR 3/2021

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DER KONSTRUKTEUR 3/2021

DIGITALE

DIGITALE PRODUKTENTWICKLUNG DIGITALER ZWILLING REVOLUTIONIERT DIE KONSTRUKTION Flexibel, innovativ, nachhaltig – die Produktentwicklung der Zukunft stellt hohe Anforderungen an Unternehmen. Beim Erreichen dieser Ziele kann ein digitaler Zwilling maßgeblich unterstützen. Mit ihm können komplexe Konstruktionen bis hin zu ganzen Fertigungsanlagen virtuell abgebildet und verschiedenste Einsätze schnell und ressourcenschonend simuliert werden. Virtuelle 3D-Welten sind längst Teil unseres Alltags – sei es in Computerspielen, in denen Spieler in eine detailgetreue virtuelle Welt eintauchen, oder in Filmen, in denen ausgefallenste Schauplätze durch Animationen entstehen. Was im ersten Moment fremd erscheint, wird plötzlich erlebbar. Genau diesen Aspekt machen sich immer mehr Unternehmen zunutze und erstellen digitale Abbildungen realer Objekte. Diese digitalen Zwillinge von Bauteilen, Produkten, Fertigungsmaschinen oder ganzer Produktionsanlagen sind jedoch weit mehr als ein virtuelles 3D-Modell. Sie sind komplexe Konstrukte, die kontinuierlich mit Daten aus der realen Welt gespeist werden. Ziel ist es, das reale Geschehen zu simulieren und Unwägbarkeiten zu vermeiden bevor das physische Objekt vorliegt. Damit haben digitale Zwillinge, wie beispielsweise der 3DExperience-Twin von Dassault Systèmes, das Potenzial, die Art und Weise wie Produkte entwickelt und produziert werden, zu revolutionieren und spielen eine zentrale Rolle in der Industrie 4.0. REALISTISCHE BEDINGUNGEN VIRTUELL SIMULIERT Bislang kommen viele Unternehmen in der Produktentwicklung nicht davon los, jeden Planungsschritt, den sie am Computer vollziehen, in der realen Welt zu validieren. Der 3DExperience-Zwilling stellt dieses Vorgehen auf den Kopf: Mit ihm kann die gesamte Wertschöpfungskette eines Produkts oder einer Dienstleistung – von der Entwicklung über die Produktion bis zum Vertrieb – unter realistischen Bedingungen virtuell simuliert und analysiert werden. Bereits ab der ersten Idee unterstützt der digitale Zwilling Unternehmen durch seine Vielseitigkeit. Planungsskizzen existieren nicht mehr nur auf dem Papier oder in einem CAD-Programm, sondern bilden die Grundlage für das virtuelle Pendant. Konstrukteure haben die Möglichkeit, ihr gesamtes Know-how in den virtuellen Zwilling einzuspeisen. Gebündelt wird dieses Wissen auf einer D atenplattform im Hintergrund, wie der 3DExperience-Plattform. Dadurch können in kurzer Zeit eine Vielzahl an Varianten einer Idee ausprobiert werden, ohne jeweils einen eigenständigen physischen Prototyp erstellen zu müssen. Da der digitale Zwilling im virtuellen Raum existiert, können auch Mitarbeiter anderer Abteilungen oder Standorte auf diese Ideen zugreifen und bereits im Anfangsstadium ihre Expertise einfließen lassen. Wissenssilos im eigenen Fachbereich werden aufgebrochen und die Entwicklung kann dezentralisiert über verschiedene Standorte hinweg stattfinden. DIGITALES TESTLABOR Ein erheblicher Zeit- und Kostenfaktor in der Produktentwicklung ist die Durchführung physikalischer Tests. Um am Ende ein perfektes Produkt zu erhalten, das den Anforderungen der Kunden entspricht, halten viele Unternehmen nach wie vor an diesen Tests fest. Entwickler erhoffen sich beispielsweise Aufschluss darüber, wie beständig das verwendete Material ist, wie Hitze, Staub oder Feuch- SPECIAL Autor: Darko Sucic, Director Delmia Technical Sales, Dassault Systèmes

DIGITALE PRODUKTENTWICKLUNG tigkeit auf das Produkt wirken oder schlichtweg ob das Design handlich ist. Hierfür werden für jeden Einzelschritt Prototypen gefertigt. Dies kostet nicht nur Zeit und Geld, sondern verbraucht auch zusätzlich wertvolle physikalische Ressourcen. Nach dem Test landen diese Prototypen, so wie auch Ausschussware aus der Produktion, oft im Abfall. Mithilfe eines digitalen Zwillings werden diese Testszenarien in den virtuellen Raum verlagert und Prototypen auf ein absolutes Minimum reduziert. Das Produkt kann ausführlich digital getestet sowie etwaige Fehler in Echtzeit analysiert werden. Durch die direkte Verknüpfung mit einer Simulationssoftware sind Korrekturen umgehend möglich. Der virtuelle Raum wird dadurch zum Testlabor. Durch die gewonnene Zeitersparnis, erreichen Produkte viel schneller die Marktreife. Gleichzeitig werden in großem Maß physikalische Ressourcen geschont, was Unternehmen dabei hilft, ihre Wertschöpfungskette nachhaltiger zu gestalten und den eigenen ökologischen Fußabdruck zu verkleinern. OPTIMIERUNG ÜBER DEN PRODUKT- LEBENS ZYKLUS HINAUS Nach der Entwicklung ist noch lange nicht Schluss: Durch die digitale Durchgängigkeit von Daten begleitet ein digitaler Zwilling sein reales Pendant entlang des gesamten Produktlebenszyklus. Optimierungen eines Produkts werden etwa notwendig, wenn sich Kundenbedürfnisse verändern. Da sämtliche Daten in der virtuellen Welt gespeichert sind, können Entwickler unmittelbar auf die gesamten Konstruktionsdaten zugreifen und Anpassungen im entsprechenden CAD-Programm vornehmen. So ist es sogar möglich, im Gespräch vor Ort beim Kunden erste Änderungen vorzustellen. Hersteller bleiben agil und können ihr Produkt flexibel den neuen Marktgegebenheiten anpassen. Dies stärkt nicht nur die Beziehungen zwischen Hersteller und Kunde, sondern ermöglicht dem Produzenten auch, die eigene Position auf dem Markt zu festigen – oder gar neue Geschäftsfelder zu erschließen. EFFIZIENTERER PRODUKTIONSANLAUF Digitale Zwillinge existieren längst nicht nur von Produkten. Auch ganze Fertigungslinien lassen sich in der virtuellen Welt simulieren. Bewiesen hat dies der französische Automobilzulieferer Faurecia. Das Unternehmen nutzt den 3DExperience-Zwilling in Verbindung mit der 3DExperience-Plattform sowie der Simulationssoftware Delmia, um neuartige Lösungen für die Mobilität von morgen zu finden. Zum Einsatz kam der 3DExperience-Twin bereits in einem sehr frühen Projektstadium. Neben der Vereinheitlichung von Prozessen Mit dem 3DExperience-Twin und der Simulationssoftware Delmia wird die komplette Fertigungslinie simuliert in verschiedenen Unternehmensbereichen und einer verbesserten Kommunikation und Zusammenarbeit der Mitarbeiter untereinander, wurde vor allem der Anlauf effizienter gestaltet. Noch bevor es mit der Entwicklung und Produktion der ersten Automobilteile losging, simulierte das Unternehmen auf der 3DExperience-Plattform die gesamte Fertigungslinie. Dadurch konnte sehr früh erkannt werden, an welchen Stellschrauben noch gedreht werden muss, bevor reale Fertigungsmaschinen zum Einsatz kamen. Unterm Strich konnten die Produktionsanlaufkosten deutlich reduziert werden. Darüber hinaus kann das Unternehmen ab sofort jederzeit flexibel auf neue Marktgegebenheiten reagieren und seine Fertigungslinie auf innovative Produkte umrüsten. Bilder: Aufmacher: iStock.com/PhonlamaiPhoto, Sonstige: Dassault Systèmes www.3ds.com DER DIGITALE ZWILLING LÄSST DIE GRENZEN ZWISCHEN VIRTUELLER UND REALER WELT VERSCHMELZEN DIGITAL IN DIE ZUKUNFT Auf den ersten Blick mag die Umstellung auf eine digitale Wertschöpfung viele Unternehmen vor eine Herausforderung stellen. Langfristig ist die digitale Transformation jedoch der Schlüssel zum Erfolg. Eingebettet in eine ganzheitliche Digitalisierungsstrategie, verhilft der Einsatz eines digitalen Zwillings Unternehmen zu mehr Agilität und Innovationskraft, da Ressourcen zielgerichteter eingesetzt werden können. Produkte, die heute noch abstrakt und wie aus einer fernen Welt scheinen, könnten schon morgen selbstverständlich Teil des Alltags sein. Gewiss ist: Die Art und Weise, wie Produkte in Zukunft entwickelt werden, wird durch den digitalen Zwilling revolutioniert. Denn was im ersten Moment fremd erscheint, wird durch die virtuelle Welt erlebbar. DARKO SUCIC, Director, Delmia Technical Sales, Dassault Systèmes www.derkonstrukteur.de DER KONSTRUKTEUR 2021/03 39