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DER KONSTRUKTEUR 4/2017

DER KONSTRUKTEUR 4/2017

ANTRIEBSTECHNIK PRODUKTE

ANTRIEBSTECHNIK PRODUKTE UND ANWENDUNGEN Gerade wenn Personen befördert werden, müssen Bewegungen absolut sicher gebremst werden können. Kein Wunder also, dass gerade Konstrukteure von Seilbahnen ein besonderes Augenmerk auf die Bremssysteme werfen müssen. Bei der Realisierung einer neuen Berg- und Talbahn für die Adlerschanze in Hinterzarten vertraute das Unternehmen Wiegand der Bremsen-Technologie von Ringspann. Dabei machte es das innovative Bremsensteuerungs- und -überwachungssystem BCS 600 zum Dreh- und Angelpunkt des Sicherheitskonzepts seiner schienengeführten Wagenzug-Anlage. Die besondere Herausforderung: In Seilbahnen und Sesselliften dürfen nur personensichere Bremssysteme zum Einsatz kommen, die der Seilbahnrichtlinie der EU entsprechen. Mit Sicherheitsfragen im Seilbahnbau kennt sich Stefan Eberhardt bestens aus. Denn als Entwicklungsingenieur der Josef Wiegand GmbH mit Sitz im osthessischen Rasdorf hat er bereits viele Seilbahn-, Skilift- und Cable-Car-Projekte federführend begleitet. Auch als die Schwarzwald-Gemeinde Hinterzarten eine neue Berg- und Talbahn für den Personentransport an ihrer traditionsreichen Adlerschanze suchte, landete die Anfrage auf seinem Tisch. Als ideale Wachablösung für die veraltete Sesselbahn der Adlerschanze erwies sich das Produkt Wie-Li aus dem Programm von Wiegand. „Unser Pendel-Wie-Li ist eine moderne Zugseil-Lösung, bei der ein Wagenzug über Schienen bergauf und bergab fährt. In Hinterzarten besteht dieser Zug aus vier gekoppelten Wagen, der bis zu 24 Passagiere mit einem Tempo von bis zu 2,4 m/s eine Höhen differenz von 80 m erklimmen lässt“, erklärt Stefan Eberhardt. BREMSEN MIT ZERTIFIKAT Das Herzstück des fahrdynamischen Geschehens bildet die bergseitige Windenantriebsstation mit ihren zwei großen, von einem 55-kW-Motor angetriebenen Seilwinden und ihrem Bremssystem. Von hier aus wird der 14 m lange und bei Vollbesetzung fast 5 t schwere Wagenzug gefahren und gesteuert. Das bedeutet, er wird von den beiden Trommelwinden über zwei redundante Stahlseile bergauf gezogen und von einem personensicheren Bremssystem bergab verzögert und gestoppt. Da der Zug bei seiner Fahrt maximale Steigungen von bis zu 62 % bewältigt, braucht es nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, 24 DER KONSTRUKTEUR 4/2017

01 02 01 Zwei federbetätigte und hydraulisch gelüftete Scheibenbremsen bilden das Sicherheits- bzw. Notstopp-System der Anlage 02 Im Inneren des BCS 600 befinden sich ein IPC mit echtzeitfähigem Betriebssystem welch große Bedeutung in diesem Fall gerade dem Bremssystem zufällt. Stefan Eberhardt erläutert dazu: „Wir müssen als Hersteller eine Bremsanlage einsetzen, die die Sicherheitsbestimmungen der EU-Richtlinie 2000/9/EG erfüllt. Dabei erfolgt die Auswahl der Komponenten am besten so, dass der entsprechende Zertifizierungsprozess möglichst einfach zu realisieren ist.“ BREMSEN, STEUERN, ÜBERWACHEN Insgesamt sind es vier Bremsen, die für das fahrdynamische Geschehen des Pendelzugs von Wiegand verantwortlich sind. Während für den allgemeinen Fahrbetrieb (Bergauf, Bergab, Stillstand) eine elektrische sowie eine elektromechanische Bremse zuständig sind, bilden zwei federbetätigte und hydraulisch gelüftete Scheibenbremsen des Typs HW 075 FHM von Ringspann das Sicherheits- bzw. Notstopp-System der Wie-Li-Anlage. Sie entfalten ihre Klemmkräfte von bis zu 40 kN jeweils an zwei mächtigen Bremsscheiben, die sich an den äußeren Stirnseiten der Seiltrommeln befinden. Diese Bremsen sind stromlos geschlossen und so ausgelegt, dass jede einzelne im Ernstfall in der Lage ist, die nötige Gesamtbremsleistung im Alleingang aufzubringen DER KONSTRUKTEUR 4/2017 25 Goodfellow.indd 1 21.01.2014 08:51:32