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DER KONSTRUKTEUR 4/2017

DER KONSTRUKTEUR 4/2017

ANTRIEBSTECHNIK MIT

ANTRIEBSTECHNIK MIT LEICHTIGKEIT ZUM RFOLG Die Aufgabe, Dynamik und Präzision in einem System zu vereinen, stellt sich gerade in der Lineartechnik immer wieder. So auch bei der Konstruktion eines Auslegersystems für die Nutzentrennung. Mit CFK-Achsen und Polyurethan-Zahnriemenantrieb erfüllen die Konstrukteure die Anforderungen für diese spezielle Anwendung. PRODUKTE UND ANWENDUNGEN Ehemalige Entwicklungsingenieure von Carl Zeiss Jena gründeten nach der Wende 1990 die Jenaer Antriebstechnik GmbH (JAT). Ihr Ziel: den Sondermaschinenbau mit genau auf die Applikation abgestimmten dynamischen und präzisen Antriebssystemen zu beliefern. Aus dem kleinen Ingenieurbüro hat sich in wenigen Jahren ein international gefragter Partner für kundenspezifische Antriebslösungen entwickelt. Handlingsysteme und dynamische Ein- und Mehrachssysteme zählen zu den Spezialitäten des Unternehmens. Einsatz finden die Antriebssysteme in der Verpackungsindustrie, Druckindustrie, Medizintechnik, Textilindustrie und in der Halbleiterindustrie. Für diesen Markt mit seinem extrem hohen Automatisierungsgrad bietet JAT unter anderem Auslegersysteme für die sogenannten Nutzentrennmaschinen an. NUTZENTRENNMASCHINEN Der etwas fremdartig anmutende Begriff „Nutzen“ stammt ursprünglich aus der Drucktechnik mit großen Druckbögen, die anschließend gestanzt werden. Dieses Prinzip hat man in der Leiter- Autor: Jochen Krismeyer, freier Fachjournalist für Antriebs- und Automatisierungstechnik, Nürnberg plattenproduktion übernommen. Dort werden großformatige Platinen – die sogenannten Nutzen – mit elektronischen Bauelementen bestückt, gelötet, geprüft und schließlich in viele kleine Platinen vereinzelt. So entstehen beispielsweise aus einem fertigen Nutzen mit 25 x 25 Zoll durch Trennen etwa 60 bis 80 Platinen für Smartphones. Die Maschinen zur Vereinzelung dieser Nutzen heißen dann Nutzentrenner. In der Branche hat sich je nach Geometrie, geforderter Präzision und Empfindlichkeit der Platinen für die Zerteilung des Nutzens das Sägen, Fräsen und neuerdings auch das Lasern etabliert. Das hier gezeigte X-Y-Achssystem ist für den Transfer der fertig ausgefrästen Platinen aus der Maschine konzipiert. Hierzu wird vom Kunden an den Schlitten der Auslegerachse ein gut 20 kg schwerer Greifer mit Z- und zusätzlicher Drehachse montiert. Dieser übergibt die Platine z. B. an ein Transportband, an ein Stapelsystem oder in einen Werkstückträger. Das CFK-Auslegersystem muss also zwei wichtige Funktionen übernehmen, die die Taktzeit der Anlage wesentlich bestimmen: das Positionieren des Greifers über der Platine und den anschließenden Transfer der Platine zum nächsten Prozess einschließlich Zurückfahren des Greifers. JAT-Konstrukteur Bastian Sadewasser erklärt zum Maschinenlayout: „Der Transfer ist besonders zeitkritisch, da währenddessen nicht gefräst werden kann. Das X-Y-System muss für das Greifen 34 DER KONSTRUKTEUR 4/2017

ANTRIEBSTECHNIK 01 01 Kurz vor der Auslieferung: CFK-Auslegersystem von JAT für den Einsatz in einer Nutzentrennmaschine sehr positioniergenau und für den Transfer äußerst dynamisch sein. Vor allem die Einschwingzeiten der Achse müssen sehr klein sein, um die erforderlichen Positionierzeiten zu erreichen.“ Zum Antriebskonzept ergänzt der Konstrukteur: „Wir setzen für die Y-Achse eine sehr leichte und dennoch steife CFK-Trägerstruktur ein. Dies reduziert die erforderliche Antriebsleistung des Linearmotors und erhöht die Dynamik der X-Achse. Daher wurde auch ein besonders leichtes Antriebssystem für die Y-Achse gesucht. Es sollte außerdem spielfrei, wartungsfrei und ausreichend steif sein." LEICHTER UND STEIFER ANTRIEB FÜR DIE Y-ACHSE Beim Vergleich verschiedener Antriebskonzepte für die Y-Achse wie Direktantrieb, Spindelantrieb und Zahnriementrieb erwies sich bei den gegebenen Rahmenbedingungen der Zahnriementrieb als ideal. Er bietet für diese Applikation das geringste Gewicht. Der Servomotor kann sehr nah an die Trägerachse angeordnet werden, was das Einschwingverhalten des Auslegerarms positiv beeinflusst. Durch geschickte Auswahl von Motorgröße und kleinen Riemenscheibendurchmessern konnte auf ein spielbehaftetes Getriebe verzichtet werden. Die bewegte Masse des Zahnriementriebs ist sehr gering. „Als Herausforderung erwies sich allerdings die notwendige Steifigkeit des Zahnriemens, um die gewünschten Positionierzeiten einzuhalten. Erst mit dem sehr steifen Conti Synchroflex GEN III-Polyurethan-Zahnriemen und mit einer exakt auf die Lastmasse und Beschleunigung abgestimmten Riemenspannung erreichten wir die geforderten Einschwingzeiten“, erinnert sich Bastian Sadewasser. Fachliche Unterstützung bei der Konzeption und Auslegung dieses Riementriebs erhielt JAT von dem technischen Händler und Zahnriementechnik-Spezialisten Wilhelm Herm. Müller GmbH & Co. KG, Garbsen. André Schmidt von der Müller-Nieder lassung in POLYURETHAN-ZAHNRIEMEN- ANTRIEBE BEWÄHREN SICH IN DYNAMISCHEN PRÄZISIONS- POSITIONIERACHSEN Leipzig betreut JAT seit vielen Jahren und erklärt die Zusammenhänge so: „Das Zahnriementrum verhält sich prinzipiell wie eine steife Feder. Mit der angehängten Masse des Greifers entsteht ein typisches Masse-Feder-System, dessen Einschwingzeiten von der Steifigkeit des Zahnriemens, von der Lastmasse – in diesem Fall DER KONSTRUKTEUR 4/2017 35