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DER KONSTRUKTEUR 4/2021

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DER KONSTRUKTEUR 4/2021

ANTRIEBSTECHNIK ALLES IM

ANTRIEBSTECHNIK ALLES IM GRIFF PRODUKTE UND ANWENDUNGEN Ein Handschuh, der die Greifkraft verstärkt? Mit ihm können z. B. die anatomischen Unterschiede zwischen den Geschlechtern ausgeglichen werden. So können auch Frauen in Bereichen arbeiten, in denen besonders viel Muskelkraft und Ausdauer gefordert sind. Das Herzstück des Robotik-Handschuhs bilden fünf elektrisch angetriebene filigrane Kugelgewindetriebe. In der Berufswahl hat sich in den vergangenen Jahrzehnten viel getan, doch auf Augenhöhe sind Frauen und Männer bei weitem noch nicht. Die Herausforderungen von heute liegen schwerpunktmäßig in der Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben, der Lohngleichheit, der Chancengleichheit in Führungspositionen sowie des geschlechterunabhängigen Berufs. Chancengleichheit zu fördern bedeutet, vorhandene Barrieren abzubauen und unterstützende Maßnahmen zu entwickeln. DER EINSATZ Autorin: Ursula Schädeli, Eichenberger Gewinde AG, Burg (CH) Ein Beispiel ist der Robotik-Handschuh Ironhand des schwedischen Herstellers Bioservo Technologies. Er bietet zusätzliche Greifkraft und kann so anatomische Unterschiede zwischen den Geschlechtern ausgleichen. Darüber hinaus entlastet er die Muskeln bei repetitiven Arbeiten und kann so Muskel-Skelett-Erkrankungen vorbeugen. In verschiedenen Branchen wurde der Roboter-Handschuh bereits getestet. Im Handlingbereich, wo z. B. Kabel mit einer Zange manuell abisoliert, gecrimpt oder geschnitten werden, hilft die Ironhand dem Träger, indem sie den Aufwand bei der Arbeit reduziert. Sie unterstützt, wenn Gegenstände lange Zeit gehalten werden müssen, beispielsweise bei Glasinstallationen oder wenn auf dem Bau mit schweren Geräten wie Schleifern, Schraubendrehern oder gar Presslufthammermaschinen hantiert wird. Auch beim Schneiden von Metall mit Winkelschleifern oder beim Entladen und Beladen von Teilen aus Karton in der Logistik kann der Handschuh hilfreich sein. Und es gibt noch viele weitere mögliche Einsatzfelder … DIE FUNKTIONSWEISE Ironhand verstärkt den menschlichen Griff mithilfe der sogenannten Soft-Extra-Muscle-Technologie. Ein Handgriff wird normalerweise von den Muskeln des Unterarms und der Hand eingeleitet. Diese Muskeln ziehen die Sehnen, die von den fünf Fingern ausgehen. Ironhand funktioniert genauso: Die druckempfindlichen Sensoren in den Fingerspitzen des Handschuhs erkennen, wann der Benutzer ein Objekt ergreift. Ein Mikroprozessor berechnet die erforderliche Leistung. Servomotoren treiben fünf filigrane Kugelgewindetriebe an. Diese sind durch dünne Drahtsehnen mit den Fingern des Handschuhs verbunden und bewegen sie. Je höher der Druck auf die Sensoren ist, desto mehr Leistung liefert der Handschuh. Ironhand erkennt also, DIE KUGELGEWINDETRIEBE VEREINEN SCHNELLIGKEIT, PRÄZISION UND MINIMALEN PLATZBEDARF wie der Benutzer einen Gegenstand greift und passt die Greifbewegung intuitiv und automatisch an. Der Handschuh ist in vier verschiedenen Größen erhältlich und kann von Links- und Rechtshändern getragen werden. Im Akkupack, das wie ein Rucksack getragen wird, befinden sich sowohl die Rechnereinheit als auch die Kugelgewindetriebe mit den Motoren, die den einzelnen Fingergliedern ihr Leben einhauchen. Die Benutzer können verschiedene Programme voreinstellen. 22 DER KONSTRUKTEUR 2021/04 www.derkonstrukteur.de

ANTRIEBSTECHNIK Die Ironhand ermöglicht kraftvolles Zupacken und entlastet die Muskulatur bei repetitiven Arbeiten wie dem Crimpen Ironhand unterscheidet bei den Bewegungen unter den Kombinationen Sensorempfindlichkeit, Kraft, Fingersymmetrie und Verriegelungstendenz. Um die Profile zu wechseln, reicht ein Knopfdruck auf die im Brustbereich angebrachte Fernbedienung. Über diese Einstellungen ist es möglich, im Laufe eines Arbeitstags flexibel auf unterschiedliche Anforderungen zu reagieren. Etwa, wenn man am Vormittag leicht belastende Aufgaben durchführt und am Nachmittag Tätigkeiten anstehen, die die Muskulatur stark belasten. Auch können so verschiedene Nutzer mit einem System arbeiten. Maximal kann das System innerhalb von Millisekunden 80 N Griffkraft zur Verfügung stellen. DIE SERVOANTRIEBE Um die einzelnen Fingerglieder zu steuern, setzt Bioservo bei der Ironhand auf DC-Kleinstmotoren der Serie 1741 … CXR von Faulhaber. Die Baureihe kombiniert Kraft, Robustheit und Kontrolle in kompakter Bauform. Dafür sorgen eine Graphitkommutierung, hochwertige Neodym-Magnete und die bewährte Wicklung des Faulhaber-Rotors. Der leistungsstarke Neodym-Magnet verleiht den Motoren eine hohe Leistungsdichte mit einem Dauerdrehmomentbereich von 3,6 bis 40 mNm. DIE KUGELGEWINDETRIEBE sion und minimale Platzverhältnisse unter einen Hut. Zusätzlich verstärkt das ideale Steigungsverhältnis der Spindel die Effizienz der Bewegung. Die Gewindetriebe verfügen über jeweils drei in der Mutter eingebaute ausgeklügelte Einzelgangrückführungen. Sie sind besonders leicht und steigern die Wirtschaftlichkeit der Gesamtlösung. Martin Remning Wahlstedt, Development Director bei Bioservo, bringt es folgendermaßen auf den Punkt: „Das Herzstück im Bausatz von Ironhand bilden die fünf elektrisch angetriebenen, kaltgerollten Kugelgewindetriebe. Sie setzen die Drehbewegung der kleinen Motoren in eine Linearbewegung um und gewährleisten eine für uns überraschend gute Antriebsleistung. Dank dieser feinen, leichtgewichtigen und doch sehr zuverlässigen und genauen Antriebskomponenten konnten wir eine effiziente, bequem zu tragende Steuereinheit entwickeln, die optimal in den Rucksack passt.“ Bilder: Eichenberger Gewinde AG, Bioservo Technologies www.eichenberger.com www.faulhaber.com Die fünf Kugelgewindetriebe setzen die Drehbewegung der kleinen Servomotoren in eine saubere Linearbewegung um. Der enorme Wirkungsgrad von über 94 % gewährleistet eine optimale Antriebsleistung. Und die Anforderungen sind hoch: Geringer Bauraum bei großer Belastung, geräuschlose Bewegungen auf kleinstem Raum. Darüber hinaus sind hohe Positioniergenauigkeiten bei kleinsten Hüben und hohe Dynamik im Dauereinsatz zu bewältigen. Sicherheit und Zuverlässigkeit stehen dabei im Mittelpunkt. Die Wartungsintervalle, die Lebensdauer und nicht zuletzt die Kosten spielen eine große Rolle. Die Eichenberger Gewinde AG passt ihre Produkte durch individuelles Design oder spezielle Herstellungsverfahren der Applikation an. So auch in diesem Fall. Die kaltverformten, induktiv gehärteten Ironhand-Kugelgewindetriebe, in der Dimension 5 × 2 mm (Durchmesser 5 mm, Steigung 2 mm), erfüllen die bemerkenswerten Anforderungen. Sie bringen Schnelligkeit, Präziwww.derkonstrukteur.de DER KONSTRUKTEUR 2021/04 23