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DER KONSTRUKTEUR 5/2016

DER KONSTRUKTEUR 5/2016

MIT EXPERTEN IM DIALOG I

MIT EXPERTEN IM DIALOG I SERIE Drehgeber, optisch oder magnetisch? Drehgeber wandeln eine Drehbewegung in ein Signal um. Dabei kommen heute in der Regel entweder optische oder magnetische Messprinzipien zum Einsatz. Optische Drehgeber messen genauer, magnetische sind robuster – so die landläufige Meinung. Aber ist das wirklich noch richtig? Die Redaktion sprach darüber mit Christian Leeser, Mehrheitsgesellschafter der Fraba Gruppe und des Encoder-Herstellers Posital in Köln. Herr Leeser, optische Drehgeber sind genauer als magnetische, stimmen Sie dieser Aussage zu? Ein klares Nein. Optische Drehgeber sind heutzutage nicht mehr genauer als magnetische Encoder. Die Performance-Lücke zwischen Optik und Magnetik ist in den letzten Jahren fast komplett geschlossen worden. Unsere aktuellen magnetischen Encoder erreichen eine Auflösung von 16 Bit bei einer Genauigkeit von 0,09° – und damit Werte, mit denen früher nur optische Geber aufwarten konnten. Was optische Drehgeber angeht, sprechen wir übrigens aus über 50-jähriger Erfahrung. Seit 1963 produzieren wir in diesem Segment, das lange unser Kerngeschäft war. Auf den Kopf gedreht wurde das 2013 mit der Vorstellung neuer magnetischer Drehgeber, die in Sachen Genauigkeit und Auflösung zu den traditionell leistungsstärkeren optischen Systemen aufschließen konnten. Was hat diese Leistungssteigerungen bei den magnetischen Systemen ermöglicht? Den Schlüssel bildete ein technologischer Quantensprung, bei dem die Kombination aus Hard- und Software eine wesentliche Rolle spielte. Magnetische Drehgeber der neuen Generation basieren auf Hall-Sensoren, deren analoge Ausgangssignale von einem separaten, leistungsstarken 32-Bit-Mikrocontroller verarbeitet werden – und das in Echtzeit. Aufwändige Softwarealgorithmen, die von unserem IT-Team eigens für die neuen Hightech-Chips entwickelt wurden, sorgen für eine präzise Kalibrierung und garantieren die hohe Genauigkeit unserer neuen magnetischen Encoder-Serie. Gibt es nach wie vor Anwendungen, in denen optische Drehgeber die bessere Alternative sind – Stichwort magnetische Störungen? Die magnetischen Störungen haben wir sehr gut über Abschirmmechanismen im Griff. Selbst unmittelbar neben elektronischen Bremsen am Motor funktionieren unsere magnetischen Drehgeber ohne Schwierigkeiten. Damit haben optische Encoder auch bei schwierigen EMI-Anwendungen keine echten Vorteile mehr. Wir sehen sie als teures Nischenprodukt für Einsätze, in denen es um extrem hohe Auflösungen geht: Alles über 20 Bit Singleturn, um mal eine Hausnummer zu nennen. Beim Gros aller Anwendungen ist die Genauigkeit der kostengünstigeren magnetischen Drehgeber absolut ausreichend. Welche Drehgebertechnologie bietet dem Maschinenbauer tendenziell mehr Freiheitsgrade in der Konstruktion? Magnetische Drehgeber bieten dem Konstrukteur mehr Freiräume. Sie sind deutlich kleiner und leichter als optische Geber, die gerade bei Multiturn-Modellen mit groß dimensionierten Getrieben ausgerüstet sind. Problemlos lassen sich magnetische Encoder auf engstem Raum in den unterschiedlichsten Maschinen und Anlagen unterbringen. Ein weiteres Plus ist ihr attraktiver Preis, der sie auch beim technischen Einkauf populär macht. Kein Wunder, dass magnetische Encoder voll im Trend liegen – und das auch große Teile unserer Mitbewerber so sehen. www.posital.de Haben die optischen Drehgeber sich auch weiterentwickelt, etwa bezüglich ihrer Empfindlichkeit gegen Feuchtigkeit, Schmutz, Schock und Vibrationen? Auch hier gibt es Weiterentwicklungen, allerdings moderat und ohne Quantensprung. Im Prinzip kommt eine Technologie zum Einsatz, die so bereits vor 50 Jahren genutzt wurde. Heutige optische Drehgeber sind kleiner, hochauflösender, sicher teilweise auch robuster als frühere Generationen. Die Grundschwierig keiten bezüglich Feuchtigkeit, Schmutz, Schock und Vibrationen bleiben jedoch bestehen. Optische Systeme sind von Haus aus anfällig gegen alles, was den Signaltransfer zwischen Lichtquelle und den sensiblen Fotorezeptoren stören könnte. Hier haben magnetische Geber schon immer die Nase vorn. Egal ob Staub, Nebel oder heftiges Rütteln – sie bringt so schnell nichts aus dem Takt. Christian Leeser, Mehrheitsgesellschafter der Fraba Gruppe und des Encoder-Herstellers Posital in Köln und Redakteurin Martina Bopp 50 Der Konstrukteur 5/2016

VORSCHAU IM NÄCHSTEN HEFT: 6/2016 ERSCHEINUNGSTERMIN: 15. 06. 2016 • ANZEIGENSCHLUSS: 31. 05. 2016 01 02 04 01 Robuste Leichtgewichte Hohe Festigkeit und ein geringes Gewicht eröffnen Composites auf Basis von Polyurethanen und Polycarbonaten vielseitige Einsatzmöglichkeiten in verschiedenen Branchen. Bild: Covestro, Leverkusen 03 02 Mechatronik in Reinkultur Mit der Service-Robotik werden Roboter auch zunehmend Aufgaben außerhalb der Fabriken übernehmen. Gemeinsam ist allen das enge Zusammenspiel von Mechanik, Elektronik und Software. Bild: maxon motor, Sachseln (CH) 03 Die siebte Achse Um einen Schweißroboter für die Bearbeitung von schweren Bauteilen in eine bestehende Serienfertigung zu integrieren, wurde ein Portalträger auf Basis eines Getriebebaukastens entwickelt. Bild: Leantechnik, Oberhausen Der direkte Weg im Internet: www.DerKonstrukteur.de als E-Paper: www.engineering-news.net Redaktion: m.doeppert@vfmz.de Werbung: a.zepig@vfmz.de in sozialen Netzwerken: www.Facebook.com/DerKonstrukteur www.twitter.com/derkonstrukteu 04 Parallele Kinematik Der sogenannte Para Picker wurde als Systemlösung für schnell taktende Pick & Place-Aufgaben in der Montage-, Handhabungs-, Prüf- und Verpackungstechnik konzipiert. Bild: JA² GmbH, Wettenberg (Änderungen aus aktuellem Anlass vorbehalten) Der Konstrukteur 5/2016 51