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DER KONSTRUKTEUR 5/2018

DER KONSTRUKTEUR 5/2018

ANTRIEBSTECHNIK

ANTRIEBSTECHNIK TITELSTORY PRODUKTE UND ANWENDUNGEN TORQUEMOTOREN: BEWEGTES DESIGN Aktuelle Entwicklungen für die Elektromobilität, den Werkzeugmaschinenbau und die Computer-Tomographie zeigen, wie sich die Anforderungen aus den Branchen auf das Design von Torquemotoren auswirken. Dabei gilt es immer wieder Zielkonflikte zu lösen. Autor: Stephan Baatzsch, Technischer Vertrieb Industrie 4.0, Schaeffler 28 DER KONSTRUKTEUR 5/2018

ANTRIEBSTECHNIK Die Schaeffler-Tochter Ina – Drives & Mechatronics (Idam) aus Suhl hat sich von Unternehmensgründung an auf ein hohes Maß an Flexibilität und Offenheit in der Torquemotoren-Entwicklung spezialisiert. War man bis etwa 2012 ein Vorreiter in diesem Marktsegment und so gut wie der einzige Anbieter mit einer sehr kundenspezifischen Motorenentwicklung, so hat sich der Markt in den letzten Jahren sehr gewandelt. Denn in Branchen wie z.B. der Productronic oder dem Werkzeugmaschinenbau sind die Maschinenhersteller international an der Spitze nur noch konkurrenzfähig, wenn sie in der Lage sind, technisch nahe an das Limit zu gehen. Diesem Trend der hochspezialisierten Direktantriebsentwicklung mussten andere Motorenanbieter folgen. Die Auswahl an High-End-Torquemotoren ist in den letzten Jahren größer geworden. Für den Maschinenhersteller gilt es heute, einen Entwicklungspartner zu finden, der alle Torquemotor-Topologien beherrscht und diese den jeweiligen Maschinentypen und Randbedingungen optimal und bis zur technischen Grenze anpassen kann. Thomas Weber, seit Anfang des Jahres Leiter Mechatronik Rotativ und Leiter der Idam bei Schaeffler, erklärt dazu: „Mit vertretbaren Mitteln an das technische Limit gehen zu können, ist nicht nur eine Forderung der Kunden an uns, sondern auch ein Argument, mit dem sich die Maschinenhersteller im Markt selbst differenzieren wollen, wobei je nach Hersteller und Maschinentyp durchaus andere Schwerpunkte gesetzt werden.“ Zu Schaeffler erklärt er weiter: „Ein starkes Differenzierungsmerkmal ist die fortschreitende Funktionsintegration sowie die Vernetzung mechatronischer Systeme. Deshalb hat Schaeffler in der Sparte Industrie zum 1. Januar 2018 das Strategische Geschäftsfeld „Industrie 4.0“ etabliert. Teil des neuen Geschäftsfelds ist auch die Idam mit ihren kundenspezifisch entwickelten Direktantriebstechnologien für die verschiedensten Produktionsmaschinen.“ Die folgenden Beispiele zeigen, wie stark sich heute Produktanforderungen auf die Torquemotor-Entwicklung auswirken und mit welchen Mitteln Schaeffler diese im Motor- Design umsetzt. ELEKTROMOBILITÄT – TREIBER FÜR HOCHPRÄZISE VERZAHNUNGSFERTIGUNG Fahrer von E- und Hybrid-Fahrzeugen kommen nicht nur in den Genuss des emissionsfreien, sondern auch des nahezu lautlosen Fahrens. Dominierend sind nur noch Wind- und Abrollgeräusche – im Idealfall. Tatsächlich aber können bei diesem niedrigen Geräuschpegel im Innenraum die Abwälzgeräusche der Verzahnungen aus dem Getriebe und dem Differential hörbar sein. Daher gelten für Elektro- und Hybridfahrzeuge ganz besonders hohe Anforderungen an die Verzahnungsqualität der Getrieberäder. Die Praxis hat gezeigt, dass schon geringste Abweichungen beim Verzahnungsschleifen im einstelligen Mikrometerbereich Geräusche verursachen können, die im Fahrzeug zu hören sind. VERZAHNUNGSSCHLEIFEN – HÖCHSTE SYSTEMGENAUIGKEIT, HOHE DREHZAHLEN Für die Herstellung geräuscharmer und damit äußerst präziser Verzahnungen ist nicht nur eine sehr hochwertige Schleifspindellagerung notwendig, sondern auch eine Drehtischlagerung mit sehr spezifischen Eigenschaften. Einerseits muss die Lagerung steif genug sein, um die nötigen Konturen ausreichend präzise am Werkstück abbilden zu können, andererseits darf sie aber nicht so steif sein, dass im Schleifprozess jede Sub-Mikrometerabweichung der Drehtisch-Rotationsachse am Verzahnungsteil „sichtbar“ wird. Um derart minimale Abweichungen im Schleifprozess auf nahezu Null zu reduzieren, bedarf es abgesehen von einer speziell abgestimmten Lagerung einer Motor-Topologie, die extrem wenig Störquellen in das System Motor-Lagerung induziert. 01 01 Bei angetriebenen Rundtischen sind die thermischen und mechanischen Wechselwirkungen zwischen Torquemotor und Lagerung besonders stark ausgeprägt; die Auslegung und Simulation als System ist daher unabdingbar 02 Typische Einbausituation von Torquemotoren in einer Werkzeugmaschine 02 DER KONSTRUKTEUR 5/2018 29