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DER KONSTRUKTEUR ASB/2020

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DER KONSTRUKTEUR ASB/2020

MOTOREN UND STEUERUNGEN

MOTOREN UND STEUERUNGEN PRODUKTE UND ANWENDUNGEN Ein Antriebsspezialist sah sich bei der Realisierung von Hochgeschwindigkeits-Antriebslösungen mit einer technischen Grenze konfrontiert: Extrem hohe Drehzahlen bei kompakten Baumassen waren aufgrund der hohen Rotorverluste nahezu unmöglich. Ohne Zusatzmaßnahmen wie LC-Filter oder eine aktive Kühlung erwärmten sich die Motoren zu stark. Abhilfe schaffen konnte ein Frequenzumrichter mit Drei-Level-Technologie. Die ATE Antriebstechnik und Entwicklungs GmbH & Co. KG hat sich auf hoch effiziente elektrische Antriebe für hohe Drehzahlen bzw. Frequenzen spezialisiert, die individuell für die jeweilige Anwendung und deren Anforderungen konzipiert werden. Dabei empfehlen die Experten auch den passenden Frequenzumrichter. „Bei unseren hochtourigen, permanentmagneterregten Motoren verweisen wir gerne auf die Geräte unseres Partners Sieb & Meyer“, erläutert Dr.-Ing. Andreas Neubauer, Entwicklungsleiter bei der ATE Antriebstechnik und Entwicklungs GmbH & Co. KG. „Gerade wenn wir uns bezüglich der Drehzahlen an der Grenze des Machbaren bewegen, ist ein passender Frequenzumrichter von essenzieller Wichtigkeit.“ FREQUENZUMRICHTER FÜR HOHE DREHZAHLEN Die Frequenzumrichter von Sieb & Meyer machen besonders bei den hochdrehenden Antrieben von ATE Sinn, die wiederum zum Beispiel in Turboladern oder in der Brennstoffzellenbelüftung zum Einsatz kommen. „Brennstoffzellen werden unter anderem in der E-Mobilität benötigt, in diesem Anwendungsbereich haben wir aktuell sehr viele Anfragen“, erläutert Andreas Neubauer. „Den Zellen müssen hohe Volumenraten an Luft zugeführt werden, um den Wasserstoff verbrennen zu können.“ Die Luftversorgung erfolgt über einen hochdrehenden Kompressor, der mit seinen Motor- frequenzen von über 1 600 – 2 400 Hz genau in das Kern-Know-how von ATE und Sieb & Meyer fällt. Elektrisch angetriebene Hochgeschwindigkeitsmotoren eignen sich jedoch nicht nur für die angesprochenen Einsatzbereiche – weitere Applikationsbeispiele sind das Innen-Rundschleifen von hochgenauen Kugellagern, die Aluminium-Volumenzerspanung von Flugzeugintegralteilen, das Bohren mit Höchstgeschwindigkeit in der Leiterplattenbearbeitung sowie Turbo-Kompressoren bzw. -Blower für die industrielle Drucklufterzeugung. „Darüber hinaus gibt es noch viele weitere Anwendungen, bei denen höhere Drehzahlen benötigt werden, um die Bearbeitungsqualität zu verbessern oder die Produktionszeiten zu reduzieren“, erläutert Rolf Gerhardt, Leiter Vertrieb Antriebselektronik bei Sieb & Meyer. „Auch wenn DURCH DIE DREI-LEVEL-TECHNO- LOGIE LASSEN SICH UMRICHTER- BEDINGTE VERLUSTLEISTUNGEN SIGNIFIKANT REDUZIEREN wenig Bauraum vorhanden ist, sind Hochgeschwindigkeitsmotoren eine gute Wahl. Denn im Vergleich zu Standardmodellen sind sie extrem klein und leicht.“ TECHNISCHE HERAUSFORDERUNGEN Physikalisch bedingt ist jedoch nicht nur der Hochgeschwindigkeitsmotor selbst, sondern auch seine Induktivität deutlich kleiner. Dieser Umstand macht es für heute übliche Standard-Frequenzumrichter mit Zwei-Level-Pulsweitenmodulation schwierig, dem Motor die nötige Stromqualität zur Verfügung zu stellen. Denn aufgrund der geringen Induktivität entstehen auf der gewünschten Sinuswelle deutliche Oberwellen im Motorstrom – der sogenannte „Ripple-Strom“, der ausschließlich Verluste im Motor erzeugt, davon ca. 90 % im Rotor. In Verbindung mit der bauartbedingten kleinen Motorgröße ist es eine Herausforderung, die Rotor- und Wellen- Autor: Torsten Blankenburg, Vorstand Technik der SIEB & MEYER AG, Lüneburg 18 DER KONSTRUKTEUR 2020/ASB www.derkonstrukteur.de

temperatur auf akzeptable Werte zu begrenzen. Um die nicht erwünschten Oberwellen zu reduzieren, werden zwischen Umrichter und Motor häufig Filter-Komponenten geschaltet – entweder Motordrosseln (Induktivitäten) oder auch LC-Filter bestehend aus Induktivitäten und Kondensatoren. Beide Lösungen haben deutliche Nachteile be züglich gesteigerter Kosten, Platzbedarf und Gewicht und einem reduzierten Wirkungsgrad. Bei den LC-Filtern treten nicht selten Schwierigkeiten mit Resonanzfrequenzen auf. Diese können große Probleme für Umrichter und Motor verursachen, wenn die Auslegung nicht sehr sorgfältig erfolgt. DREI-LEVEL-TECHNOLOGIE Am besten ist es jedoch, man lässt die unerwünschten Oberwellen gar nicht erst zu oder reduziert sie bereits am Entstehungsort, nämlich dem Umrichter, auf ein für die jeweilige Applikation zulässiges Maß. „Das kann unser Frequenzumrichter SD2M gewährleisten, der auf einer Drei-Level-Pulsweitemodulation basiert“, erläutert Rolf Gerhardt. „Er erzeugt wesentlich bessere Stromqualitäten und als Folge auch deutlich geringere Temperaturen im Motor.“ Im direkten Vergleich reduzieren sich – bei gleicher PWM-Frequenz – die umrichterbedingten Zusatzverluste im Rotor um mehr als 80 %. In den meisten Fällen reicht das vollkommen aus, um komplett auf LC- Filter oder Motordrosseln zu verzichten. Die innovative Drei-Level-Technologie des Frequenzumrichters SD2M ist für Ausgangsleistungen bis 432 kVA und Drehfeldfrequenzen bis 2 000 Hz konzipiert. Als Basis für kundenspezifische Entwicklungen ist es sogar möglich, individuelle Kundenlösungen mit Motorströmen von bis zu 650 A zu realisieren – wahlweise auf Grundlage einer Luft- bzw. Flüssigkeitskühlung. „Gerade weil sich die Rotor-Verluste massiv reduzieren lassen, ist die Drei-Level- Technologie sehr wichtig für uns“, betont Andreas Neubauer. „Denn bei der Umsetzung von kundenspezifischen Projekten sind wir in der Vergangenheit oft an den ATE hat sich auf hoch effiziente elektrische Antriebe für hohe Drehzahlen bzw. Frequenzen spezialisiert hohen Rotorverlusten gescheitert. Der Hintergrund dafür ist, dass oft keine aktive Kühlung des Rotors möglich ist und Wärmekonvektionen eingeschränkte Erfolge zeigen.“ Durch die Drei-Level-Technologie werden anspruchsvolle Anwendungen mit hohen Drehzahlen und kompakten Bauräumen für ATE überhaupt erst realisierbar – weil die Wärme gar nicht erst entsteht. „Vorher gab es in der erwähnten Anwendung als Turbo-Blower für Brennstoffzellen eine technische Grenze bei circa 20 kW, jetzt sind durchaus 35 kW denkbar“, konkretisiert Andreas Neubauer. Wie warm der Motor in einer hochdrehenden Maschine tatsächlich wird, ist übrigens für ATE auch in der Planungsphase keine Spekulation mehr. Denn die Experten nutzen den Motor Analyzer, den Sieb & Meyer für die Auslegung von Antrieben unter Berücksichtigung des jeweiligen Umrichters entwickelt hat. „Das Tool ermöglicht es uns, die Stromform zu simulieren und den Anteil von unsauberen Strömen im Voraus zu berechnen“, so Andreas Neubauer abschließend. „Diese konkreten Berechnungen bedeuten für uns und unsere Kunden einen großen Mehrwert.“ Bilder: Aufmacher: goritza – stock.adobe.com, Sonstige: Sieb & Meyer, ATE www.sieb-meyer.de 440 000 Nm FREQUENZUMRICHTER AUCH IN DC-AUSFÜHRUNG Sieb & Meyer hat den Frequenzumrichter SD2M auf Basis der Drei-Level-Technologie entwickelt, um PWM-bedingte Rotorverluste deutlich zu reduzieren. Neben den Modellen für die 3-phasige Netzspannungsversorgung stehen auch Ausführungen mit DC-Versorgung zur Verfügung: Sie machen es möglich, den SD2M optional mit einem rückspeisefähigen Netzteil zu betreiben. So können auch Applikationen die Vorteile der Drei-Level-Technologie nutzen, bei denen prozessbedingt ein wiederholter Bremsbetrieb vorliegt.