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DER KONSTRUKTEUR ASB/2020

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DER KONSTRUKTEUR ASB/2020

GETRIEBE, KUPPLUNGEN,

GETRIEBE, KUPPLUNGEN, BREMSEN EIN SPRUNG FÜR DIE WISSENSCHAFT PRODUKTE UND ANWENDUNGEN Ende 2014 begann die Reise der Raumsonde Hayabusa 2 zum Asteroiden Ryugu. Mit an Bord die Landeeinheit Mascot, die vor Ort Messungen durchführen sollte. Sie bewegte sich auf dem Asteroiden mithilfe eines Sprungmechanismus fort, in dem ein Wellgetriebe zum Einsatz kam. Mit einer H-IIA-Trägerrakete der japanischen Raumfahrtbehörde Jaxa gestartet, hob die Raumsonde Hayabusa 2 nach jahrelanger Planung und Entwicklung am 3. Dezember 2014 vom Tanegashima Space Center, dem japanischen Weltraumbahnhof, ab. Dabei verfolgte die Hayabusa 2 – und ihre gleichnamige Mission – ein klar definiertes Ziel: Die Sonde sollte den erdnahen C-Typ-Asteroiden Ryugu erreichen und nach der Entnahme von Bodenproben zur Erde zurückkehren. Nach fast 3,5 Jahren gelang es der Sonde, sich dem Asteroiden am 27. Juni 2018 auf 20 km zu nähern und wenig später die vorherrschende Gravitation zu testen. BESTÜCKT MIT MODERNSTER TECHNIK An Bord der Hayabusa 2 befand sich – neben drei weiteren Rovern – das Landegerät Mascot (Mobile Asteroid Surface Scout). Wissenschaftliches Hauptziel dieser etwa 10 kg schweren, quaderförmigen Einheit war die In-situ-Charakterisierung von Ryugu, bei der dessen Oberflächeneigenschaften und -merkmale untersucht wurden. Neben den bekannten Eigenschaften des Weltalls, wie dem Vakuumzustand, den thermischen Aspekten und der zusätzlich geringen Schwerkraft auf dem Asteroiden, stellten insbesondere die Mobilitätseinschränkung sowie Platz- und Masseneinschränkung eine enorme Herausforderung an das Mascot-Projekt. Da einige der Untersuchung zugewiesenen Instrumente (u. a. Infrarot-Radiometer, Magnetometer, Kamera und Nahinfrarot-Hyperspektralmikroskop) Autor: Emre Dinler, Application Engineer Aerospace, Harmonic Drive SE, Limburg an der Lahn für eine ordnungsgemäße Leistung eine nominale Orientierung benötigten, war ein innovativer Mobilitätsmechanismus zum Aufrichten und Verlagern auf der Oberfläche des Asteroiden notwendig. AUSGEKLÜGELTER ANTRIEB Konventionelle Lösungsansätze mit Antriebsrädern wurden aufgrund der extremen Oberflächenunebenheiten, der geringen Schwerkraft sowie der Gewichtsbeschränkungen an das Projekt verworfen. Die zusätzliche Forderung nach hoher Zuverlässigkeit und hohem Drehmoment bei kompakter Bauweise konnte mithilfe eines bürstenlosen Gleichstrommotors in Kombination mit einem Harmonic-Drive- Getriebe erfüllt werden. Dieser innovative Sprungmechanismus wurde im Cluster für Robotik und Mechatronik (RMC) des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt. Er ermöglicht es dem Lander, sich bis zur Nominalposition aufzurichten und durch Springen (Hopping) auf der Asteroidenoberfläche zu bewegen. Das Konzept der Mobilitätseinheit (MobUnit) berücksichtigt die unsicheren und rauen Umgebungsbedingungen auf der Asteroiden- 01 CAD-Schnittzeichnung der Mobilitätseinheit mit Wellgetriebe 28 DER KONSTRUKTEUR 2020/ASB www.derkonstrukteur.de

GETRIEBE, KUPPLUNGEN, BREMSEN oberfläche, indem der Impuls einer exzentrischen Masse mit allen rotierenden Teilen vollständig innerhalb der Mascot-Struktur genutzt wird. Durch das realisierte Hopping-Konzept in Verbindung mit einer vollständig redundant ausgeführten Elektronik wird eine sehr hohe Robustheit erreicht. Ein einziger Akteur reicht aus, um das System zu befähigen, sich zu verlagern und aufzurichten. Ermöglicht wird dies durch drei Bahnkurven mit unterschiedlichen Intensitätsstufen, sogenannte Trajektorien. Sobald sich der Lander auf der Asteroidenoberfläche wiederfindet, wird das Aufrichten und Springen automatisch initiiert. KONSTRUIERT FÜR DEN WELTRAUM Die Konstruktion der Mobilitätseinheit wird durch die kompakte Anordnung von Motor und Getriebe charakterisiert. Letzteres verfügt über eine Untersetzung von 1:30 und beruht auf den drei bewährten Elementen des Harmonic-Drive-Wellgetriebes (Bild 01): dem Circular Spline (hellgrün dargestellt), dem Flexspline (grün) und dem Wave Generator (dunkelblau). Der Exzenterarm (violett) ist in einem zusätzlichen Lager (hellblau) gelagert und mit einer Schraube (rot), die auch als MLI-Folienabstandshalter dient, an der Welle befestigt. Ein Hindernis für die Mechanik der Mission stellte die lange Flugphase von etwa 3,5 Jahren dar. Innerhalb dieses Zeitraums plante man prinzipiell mit keiner Bewegung der mechatronischen Hardware. Diese Umstände können zu einem hohen Risiko der Kaltverschweißung innerhalb der Lager und des Getriebes führen. Dementsprechend hat die Schmierung bei Weltraummissionen zwei Aufgaben. Die erste Aufgabe ist die Minimierung der Reibung, während die zweite die Vermeidung von Kaltverschweißungen fokussiert. Eine falsch gewählte Schmierung führt daher zu einer erheblichen Verminderung der Einsatzsicherheit. Aus diesem Grund wurde ein Getriebe mit einer Trockenschmierung aus Molybdändisulfid (MoS 2 ) gewählt. Molybdändisulfid bietet einen weiten Temperaturbereich, besitzt einen niedrigen Reibungskoeffizienten und minimiert das Risiko von Kaltverschweißungen. Des Weiteren lässt sich bei der Verwendung von MoS 2 auf Erfahrungswerte aus Weltraummissionen der letzten 50 Jahre zurückgreifen. MISSION ERFOLGREICH ABGESCHLOSSEN Am 3. Oktober 2018 wurde der Mascot-Lander aus einer Höhe von 41 m erfolgreich von Hayabusa 2 auf den Asteroiden Ryugu abgeworfen. Nach einem freien Fall von etwa 6 Minuten nahm Mascot erstmals Kontakt zur Asteroidenoberfläche auf. Bei einem Gesamteinsatz von 17 Stunden konnte er dank seiner Nutzlastsuite an drei unterschiedlichen Orten des Asteroiden wissenschaftliche Messungen durchführen. Die gemessene thermische Trägheit war deutlich geringer, als aufgrund von Labormessungen an Meteoriten erwartet 02 Nach der Landung auf dem Asteroiden drehte sich Mascot automatisch in die korrekte Messposition und bewegte sich durch Sprungbewegungen von einer Messstelle zur nächsten 03 Einbau von Mascot in die Raumsonde Hayabusa 2 wurde. Darüber hinaus zeigten die Ergebnisse des radiometrischen Instruments eine hohe Porosität sowie eine geringe Zugfestigkeit im Bereich von einigen hundert Kilopascal. In Anbetracht der gesammelten Erkenntnisse leistete die Mascot-Mission einen wertvollen Beitrag zur Wissenschaft und wurde erfolgreich abgeschlossen. Bilder: Aufmacher-Hintergrund: Artsiom Petrushenka – stock.adobe.com, Sonstige: Deutsches Zentrum fuer Luft- und Raumfahrt e.V., German Aerospace Center (DLR) www.harmonicdrive.de 02 03 Die braucht jeder Servokupplungen für alle Antriebskonstellationen – günstiger Preis – breite Produktpalette – kurze Lieferzeit www.mayr.com Ihr zuverlässiger Partner www.derkonstrukteur.de DER KONSTRUKTEUR 2020/ASB 29