ANTRIEBSTECHNIKSICHER AUCH OHNEDREHZAHLGEBERDie Maschinenrichtlinie dient dem sicheren Betriebund dem Schutz vor Verletzungen und ist fürMaschinenhersteller verbindlich einzuhalten.Bei Bearbeitungszentren und Werkzeugmaschinenbestehen speziell im Fall von drehenden Achsenfür den Bediener oder Servicetechniker Gefahrendurch rotierende Werkzeuge. Ein Antriebsexpertestellt zwei antriebsintegrierte, geberloseSicherheitsfunktionen vor, die sowohl das Drehfeldals auch den Stillstand überwachen.Torsten Blankenburg, CTO, Sieb & Meyer AG, LüneburgPRODUKTE UND ANWENDUNGENSpindeln und Motoren müssen zur sicheren Drehzahlüberwachungnicht mit Drehzahlgebern ausgestattetwerden – das ist besonders relevant für die EinsatzbereicheHochgeschwindigkeitsfräsen oder -schleifen, bei denenhäufig aus platztechnischen oder finanziellen Gründen aufDrehgeber verzichtet wird. „Die Herausforderung für den Maschinenherstellerbesteht darin, die Aspekte Personensicherheitund Produktivität gleichzeitig optimal beziehungsweise normkonformumzusetzen“, erläutert Markus Finselberger, LeiterVertrieb Antriebselektronik bei Sieb & Meyer. „Bei klassischenSicherheitslösungen müssen die Motoren beziehungsweiseSpindeln mit sicheren Drehzahlgebern ausgestattet sein, umgefährliche Betriebszustände erfassen beziehungsweise vermeidenzu können.“ Diese Drehgeber werden wiederum vonspeziellen Sicherheitskomponenten ausgewertet. Sowohl derDreh geber als auch die Überwachungsgeräte sind zusätzlicheBau teile in der Maschine beziehungsweise im Schaltschrank,BESTENS GESCHÜTZTdie Bauraum einnehmen, ein Ausfallrisiko darstellen, gewartetund installiert und nicht zuletzt auch bezahlt werden müssen.Alternativ können Maschinenhersteller auch Abstriche hinsichtlichder Performance der Maschine hinnehmen – beispielsweiseindem man anstatt einer Stillstand-Messung einfach eine gewisseZeit bis zur Türöffnung verstreichen lässt, um hier auf dersicheren Seite zu sein.SICHERHEITS-ANFORDERUNGEN ERFÜLLTKonkret stehen den Endkunden die vom TÜV zertifiziertenSicherheitsfunktionen „Sicherer Stillstandsmonitor“ (SFM – SafeFrequency Monitor) und „Sicher begrenztes Drehfeld“ (SLOF –Safe Limited Output Frequency) zur Verfügung. Sie sind vomTÜV Nord nach EN61508:2010 zertifiziert und erfüllen die Anforderungeneines Sicherheits-Integritätslevels von SIL3. Das Besonderean diesen Funktionen ist, dass diese keine zusätzlichenGenerell stellen die Sicherheitsfunktionen für Hersteller vonBearbeitungszentren und Werkzeugmaschinen einen echten Mehrwertdar. Sie bewähren sich zum Beispiel in den Rundtakt- oder Schleifmaschinenvieler unserer Kunden. Das digitale Antriebssystem SD2,das speziell für Mehrachssysteme – also Maschinen, in denen mehrereBearbeitungsspindeln zum Einsatz kommen – konzipiert ist, leistetdabei einen wesentlichen Beitrag und die Bediener werden dankder sensorlosen Sicherheitsfunktionen bestens geschützt.MARKUS FINSELBERGER, Leiter Vertrieb Antriebselektronik, Sieb & Meyer AG, Lüneburg10 DER KONSTRUKTEUR 2025/02 www.derkonstrukteur.de
ANTRIEBSTECHNIK01 Anwender desAntriebsverstärkersprofitieren von denzwei geberlosenSicherheitsfunktionen0102 Die Sicherheitsfunktionensind fürrotierende Achsen– unter anderem Schleifspindeln– vorgesehen02Drehgeber an den Spindeln benötigen. Mit der SicherheitsfunktionSFM erkennt der SD2 sicher, ob eine geberlose Spindel nachdem Ausschalten den Stillstand erreicht beziehungsweise einesichere Drehzahlfrequenz unterschritten hat. Solange dies nichtgeschehen ist, wird beispielsweise eine Schutztür nicht freigegeben.Diese Sicherheitsfunktion ist für rotierende Achsen – unteranderem Schleif- oder Frässpindeln – vorgesehen. SFM misstdazu das elektrische Drehfeld des Motors, worüber sich eine genaueAussage über das mechanische Drehfeld machen lässt.Welche Drehzahlen beziehungsweise Drehfeldfrequenzen alssicher definiert sind, ergibt sich aus der Risikobeurteilung derMaschine, die gemäß der Maschinenrichtlinie erfolgt.DIE SICHERHEITSFUNKTIONGARANTIERT, DASS DIEKRITISCHE DREHZAHL NICHTÜBERSCHRITTEN WIRDDie SFM-Funktion basiert auf einer frequenzabhängigen, vomMotor induzierten Spannung beziehungsweise der Restmagnetisierung.Diese Spannung ist sowohl bei Synchronmotoren alsauch bei Asynchronmotoren an den Motorklemmen messbar.Der Antrieb ermittelt aus dieser Spannung die aktuelle Drehfeldfrequenzund vergleicht diese mit dem parametriertenGrenzwert. Erreicht die Drehfeldfrequenz den parametriertenBereich, generiert der Antrieb das Statussignal „Standstill“ (sichererStillstand).JENSEITS VON KRITISCHEN DREHZAHLENMit der Sicherheitsfunktion SLOF lässt sich sicherstellen, dass einekritische Drehzahl nicht überschritten wird – zum Beispiel, weil einWerkzeug durch eine Überdrehzahl bersten könnte und dadurchPersonen gefährdet werden. Dafür ermittelt die Funktion die aktuellvom Umrichter erzeugte Drehfeldfrequenz und vergleicht siemit dem parametrierten Grenzwert. Bei einer Überschreitung desGrenzwerts wird die Endstufe mittels internem STO freigeschaltet,das System erzeugt kein weiteres Drehmoment und somit keineweitere Beschleunigung und die Spindel trudelt aus.Die Funktion SLOF ermöglicht somit die sichere Begrenzungdes Drehfeldes einer Spindel. Sie verhindert, dass die angeschlosseneSpindel aktiv durch den Antrieb auf eine zu hohe Frequenzbeschleunigt wird. Eine Überschreitung der Frequenzdurch eine aktive, externe Beschleunigung lässt sich dabei jedochnicht verhindern (zum Beispiel im Generatorbetrieb). Beieiner Überschreitung der sicher parametrierten maximalenDrehfeldfrequenz, beispielsweise durch eine Fehleingabe, wirddie Endstufe mittels der Funktion STO freigeschaltet.WERKZEUGÜBERWACHUNGMITTELS LASTINDIKATORNicht zuletzt ist in allen Frequenzumrichtern und Servoverstärkernder Serien SD2x und SD4x ein Lastindikator integriert.Dieser wertet den drehmomentbildenden Strom des Motors ausund kann so akustische Körperschallsensoren ersetzen. Laständerungendes Motors werden so mit großer Genauigkeit festgestellt.Daraus lassen sich Rückschlüsse auf einen möglichenWerkzeugbruch beziehungsweise den Verschleiß der Werkzeugeziehen. Der Lastindikator kann ebenso das Berühren vonWerkzeug mit Werkstück („Anfunken“) erkennen. Nicht zuletztlassen sich mithilfe des Lastindikators Bearbeitungsvorschübeflexibel anpassen.Bilder: 02 Kellenberger, sonstige Sieb & Meyerwww.sieb-meyer.dewww.derkonstrukteur.de DER KONSTRUKTEUR 2025/02 11
Laden...
Laden...