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Der Konstrukteur 09/2023

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Der Konstrukteur 09/2023

FLUIDTECHNIK

FLUIDTECHNIK DRUCKIMPULSPRÜFUNGEN FÜR MEHR SICHERHEIT Die Energieübertragung in hydraulischen Systemen erfolgt durch eine mit Druck beaufschlagte Flüssigkeit. Der Druck kann in Hydrauliksystemen starken Schwankungen unterliegen. Bauteile in Hydraulikanlagen sind daher häufig Lastwechseln ausgesetzt. Eine Prüfung der Bauteile hinsichtlich dieser Wechselbeanspruchung dient als sichere Beurteilung der Auslegung und des Designs. PRODUKTE UND ANWENDUNGEN Mit dem im Jahr 2020 in Betrieb genommenen Druckimpuls-/Vibrations-Prüfstand der Internationalen Hydraulik Akademie (IHA) können derartige Prüfungen durchgeführt werden. So sind Druckimpulsprüfungen ohne dynamische Biegung für Hydraulikschlauchleitungen aus Gummi oder Kunststoff gemäß ISO 6803 bis 1.300 bar möglich. In einer zweiten Prüfkammer können kombinierte Druckimpuls-/ Vibrationsprüfungen für metallische Rohrverschraubungen nach Robert Becker, Prüfingenieur und Trainer Fluidtechnik der Internationalen Hydraulik-Akademie IHA ISO 19879 durchgeführt werden. Bei dieser Prüfung werden die Rohrverschraubungen mit Druckimpulsen bei gleichzeitiger Vibration durch eine Oszillier-Vorrichtung beaufschlagt. Eine besondere Herausforderung bei der Realisierung des Druckprofils ist die hohe Dynamik und das enge Toleranzband. Gemäß Norm ist abhängig vom Prüfdruck und der Prüffrequenz eine Druckanstiegsgeschwindigkeit von bis zu 17.000 bar/s möglich. Hierbei ist jedoch eine Grenzabweichung von ± 10 Prozent einzuhalten. 16 DER KONSTRUKTEUR 2023/09 www.derkonstrukteur.de

FLUIDTECHNIK 01 Prüfkammer für Druckimpulsprüfungen ohne dynamische Biegung von Hydraulikschlauchleitungen 01 02 Kombinierte Druckimpuls-/Vibrations-Prüfungen von Rohrverschraubungen sind in einer zweiten Prüfkammer möglich DIE BESONDERHEITEN DES PRÜFSTANDES Einzigartig bei diesem Prüfstand sind gleich mehrere Faktoren. Einerseits können Druckimpulsprüfungen mit hohem Impulsvolumen von bis zu 1,1 l durchgeführt werden. Andererseits sind Prüfungen mit Impulsdrücken von bis zu 1.300 bar möglich. Aufgrund dieser Tatsache ist der Prüfstand mit zwei Druckübersetzern ausgestattet. Abhängig vom gewählten Impulsdruck wird zum einen der für die Prüfung erforderliche Druckübersetzer von der Prüfstandsoftware ausgewählt. Zum anderen wird, abhängig vom Impulsdruck, die Druckstufe der Hauptpumpe von 270 oder 350 bar vollautomatisch gesteuert. Die Hauptpumpe versorgt die Druckübersetzer mit einem maximalem Volumenstrom von 400 l/min. Angetrieben wird die Pumpe von einem wassergekühlten Asynchronmotor mit einer Leistung von 250 kW. In Summe hat der Druckimpuls-/Vibrations-Prüfstand eine maximale Anschlussleistung von 300 kW bei einem Gewicht von 16 t. DAS DICHTUNGSSYSTEM ALS GRÖSSTE SCHWACHSTELLE Hauptdarsteller des Prüfstandes sind die Druckübersetzer. Sie sind vergleichbar mit Hydraulikzylindern, deren Kolbenstangen den übersetzten Druck erzeugen. Erfahrungsgemäß stellt das Dichtungssystem des Druckübersetzers – vor allem im Hochdruckbereich – die größte Schwachstelle dar. Aufgrund der hohen Anzahl an Lastwechselspielen ist der Verschleiß der Hochdruckdichtungen deutlich stärker als bei üblichen Anwendungen von Hydraulikzylindern. GEMÄSS NORM IST ABHÄNGIG VOM PRÜFDRUCK UND DER PRÜFFREQUENZ EINE DRUCK- ANSTIEGSGESCHWINDIGKEIT VON BIS ZU 17.000 BAR/S MÖGLICH Durchschnittlich erfährt der Druckübersetzer pro Impulsprüfung 500.000 Lastwechsel beziehungsweise Hübe. Bei einer Frequenz von 1 Hz ist eine Impulsprüfung nach circa sechs Tagen beendet. Pro Jahr ergibt dies bis zu 20 Mio. Lastwechsel. Ein weiterer Grund für den erhöhten Verschleiß des Dichtungssystems ist der übersetzte Druck von bis zu 1.300 bar. Standard-Weichdichtungen für Hydraulikzylinder sind bis zu einem Maximaldruck von 700 bar verfügbar. WARTUNGSZEIT- UND KOSTEN REDUZIEREN Eine wichtige Maßnahme zur Reduzierung der Wartungszeit beziehungsweise Wartungskosten bezüglich der Druckübersetzer ist die Abdichtung mittels Kolbenringe anstelle von Weichdichtungen. Prinzipbedingt ist bei der Abdichtung mit Kolbenringen eine Leckage vorhanden, wodurch der Wirkungsgrad des Druckübersetzers sinkt. Jedoch kam es durch dieses Abdichtsystem bisher zu keinem Ausfall, sodass keine Wartung erforderlich war. Hervorzuheben ist die Dynamik der Druckübersetzer. Durch das Zusammenspiel von 250 kW hydraulischer Leistung und Blasenspeichern mit einem Gesamtvolumen von 100 l kann der Druckübersetzer innerhalb von 100 ms einen Hub von 280 mm verfahren. Dies entspricht einer Verfahrgeschwindigkeit von 2,8 m/s. Realisierbar sind derartige Geschwindigkeiten beziehungsweise Beschleunigungen ausschließlich mit Servo-Ventiltechnik. Die Druckübersetzer werden mit vorgesteuerten Servo-Ventilen mit einem maximalen Durchfluss von 3.000 l/min betätigt. Diese Dynamik stellt nicht nur hohe Anforderungen an die Druckversorgung, die Ventiltechnik und das Dichtungssystem. Ebenso wichtig für einen standfesten Betrieb ist die Ausführung der Rücklaufleitung. Besondere Herausforderung hierbei stellt die Vermeidung von Druckspitzen bedingt durch den schlagartigen Volumenstrom der Servo-Ventile dar. FAZIT Der Prüfstand der IHA ist hinsichtlich des Designs und der Leistungsfähigkeit in der Klasse der Impulsprüfstände einzigartig. Ohne Weiteres können Schlauchleitungen mit einem Nenndurchmesser von 50 mm mit einem Impulsdruck von 700 bar oder Rohrverschraubungen mit einem Impulsdruck von bis zu 1.300 bar geprüft werden. Bilder: Internationale Hydraulik Akademie www.hydraulik-akademie.de 02 www.derkonstrukteur.de DER KONSTRUKTEUR 2023/09 17