FLUIDTECHNIK Dipl.-Ing. (FH) Michael Krüger, Leiter Operative Anwendungstechnik, C. Otto Gehrckens GmbH & Co. KG, Pinneberg PRODUKTE UND ANWENDUNGEN BIO – LÖSUNG ALLER PROBLEME? In unterschiedlichsten technischen Anwendungen werden biogene Fluide verwendet. Tendenz stark steigend. Die Anwendungsbereiche erstrecken sich von der chemischen Prozessindustrie und deren Peripherie bis hin zu Einsatzgebieten in der Forst-, Land- und Wasserwirtschaft. Der Einsatz dieser biogenen Medien stellt allerdings eine enorme Herausforderung an die elastomeren Dichtungen dar. Als biologische Fluide werden umweltschonende, biologisch schnell abbaubare und nicht toxische Medien bezeichnet. Diese werden zumeist aus Biomasse hergestellt. Doch warum kommt es zum vermehrten Einsatz dieser Fluide, woraus resultiert die Motivation zum Gebrauch dieser Medien? Neben dem Umweltschutzaspekt durch Vermei- dung von Kontaminationen des Erdreichs durch Fahrzeuge oder von Gewässern, ist auch der Klimaschutz und die Reduzierung des Treibhausgases CO 2 ein immer wichtiger werdendes Argument. Darüber hinaus kann eine größere Unabhängigkeit vom Erdöl erreicht werden, da es sich meist um nachwachsende Rohstoffe handelt. Letztendlich ausschlaggebend für den Durch- 18 DER KONSTRUKTEUR 2023/09 www.derkonstrukteur.de
FLUIDTECHNIK Bei dem FKM-Dichtungswerkstoff BF 750 handelt es sich um ein hochfluorhaltiges Polymer der 3. Generation, der speziell für die hohen Anforderungen im Einsatz in biogenen Medien entwickelt wurde bruch verschiedener biogener Medien dürfte allerdings die Gesetzgebung mittels EU-Richtlinien gewesen sein. In vielen öffentlichen Ausschreibungen sind beispielsweise biogene Fluide in den Baufahrzeugen vorgeschrieben. Doch ein Austausch dieser Fluide gegen bestehende, auf Mineralöl basierende Medien ist nicht ohne Einschränkungen durchführbar, denn die Auswirkungen auf viele Bauteile sind teilweise noch unbekannt und sehr viele Elastomerdichtungen sind für diesen Einsatz ungeeignet. Die Einführung des Vergasertreibstoffes E10 ist auch auf regularische Markteingriffe zurückzuführen und auch hier verhalten sich viele Bauteile im Kontakt anders als mit herkömmlichem Benzin. In diesem Zusammenhang ist auch die gesamte chemische Prozessindustrie direkt und indirekt betroffen, die in die Herstellung, Lagerung und Beförderung dieser Medien involviert ist. HYDRAULIKFLÜSSIGKEITEN IN EMPFINDLICHEN ÖKOSYSTEMEN Generell ist die Flüssigkeit am umweltfreundlichsten, die gar nicht erst aus der Maschine austritt. Doch trotz Einsatz modernster Maschinen kann es sowohl beim Betrieb stationärer Hydraulikanlagen wie Schleusen, Wehre, Wasserkraftanlagen als auch beim Betrieb von Baumaschinen, Pistengeräten im Gebirge, Geräten in der Land- und Forstwirtschaft durch Undichtigkeiten zu Verunreinigungen von Gewässern und Böden kommen. In diesem Fall müssen die Hydraulikflüssigkeiten und Schmierstoffe frei von ökotoxikologisch kritischen Stoffen sein. In der hydraulischen Antriebstechnik werden deshalb zunehmend biologisch abbaubare Hydraulikflüssigkeiten eingesetzt. Diese können herkömmliche FKM-Dichtungen jedoch stark angreifen und machen einen langfristigen Einsatzzeitraum nahezu unmöglich. Biologisch abbaubare Hydraulikflüssigkeiten bestehen entweder aus Triglyceriden, wobei es sich oft um pflanzliche Öle (zum Beispiel Rapsöl) mit der Bezeichnung HETG (Hydraulic Oil Environmental Triglycerid) handelt oder um synthetischen Ester mit der Bezeichnung HEES (Hydraulik Oil Environmental Ester Synthetic). Diese Fluide sind als Schadstoffe der Schadstoffklasse I zugeordnet. In der modernen Hydraulik werden verstärkt auch Spezial- Hochleistungs-Hydraulikflüssigkeiten eingesetzt. Diese sind additiviert, aber nicht auf Mineralölbasis hergestellt. Es handelt sich hierbei um synthetische, wasserfreie Flüssigkeiten (HFD), welche eine höhere Dichte als Mineralöl haben und schwer entflammbar sind. Hierzu zählen unter anderem Phosphor - säure ester (HFD-R), wasserfreie chlorierte Kohlenwasserstoffe (HFD-S) oder eine Mischung aus HFD-R und HFD-S, sowie wasserfreie andere Zusammensetzungen (HFD-U), bestehend aus Fettsäureestern. Allerdings greifen sowohl die biologisch abbaubaren als auch die synthetischen Hydraulikflüssigkeiten herkömmliche elastomere Dichtungswerkstoffe an. Ein Hochleistungs-FKM-Compound muss in all diesen Bereichen auch über einen langen Zeitraum problemlos einsetzbar sein. BIOKRAFTSTOFFE ALS HERAUSFORDERUNG FÜR DIE DICHTUNGSTECHNIK Auch wenn der E10-Kraftstoff schon lange eingeführt ist, gibt es immer noch Diskussionen um die 10%ige Ethanolbeimischung zum handelsüblichen Benzin (E10) – sowohl auf Anwenderseite als auch bei den Dichtungsherstellern. Die Elastomerdichtungen, die dauerhaft mit dem E10-Vergaserkraftstoff in Kontakt kommen, sind keineswegs nur in den E10-Kraftstoff verbrennenden PKW oder LKW selbst zu finden, sondern in der Peripherie der gesam- www.derkonstrukteur.de DER KONSTRUKTEUR 2023/09 19
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