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DER KONSTRUKTEUR 10/2015

DER KONSTRUKTEUR 10/2015

Effizient konstruieren

Effizient konstruieren in fünf Schritten Grundlagen des Baukastenmanagements im Maschinen- und Anlagenbau Gerald Scheffels Immer komplexere Maschinen, kürzere Produktlebenszyklen, zunehmende Sonderwünsche und steigende Qualitätsanforderungen: Das sind aktuelle Anforderungen an die Konstruktionsabteilungen in der Automobilindustrie, im Maschinen- und Anlagenbau. Wie lässt sich unter diesen Bedingungen der Konstruktionsprozess möglichst effizient gestalten, um Freiräume für Kreativität und Innovation zu gewinnen? Gerald Scheffels, Fachjournalist, im Auftrag der Porsche Consulting GmbH, Bietigheim-Bissingen Das Szenario kennt fast jeder Maschinenbauer: Die Kunden wünschen keine Maschinen „von der Stange“, sondern Anlagen, die passgenau auf ihre individuellen Anforderungen zugeschnitten sind. Das bedeutet: Der Konstruktionsaufwand steigt, und über die gesamte Wertschöpfungskette wächst die Komplexität. Zugleich steigen auch der Wettbewerbs- und der Kostendruck. Mit steigender Vielfalt lassen sich jedoch keine Skaleneffekte erzielen. Auch der hohe Qualitätsanspruch ist schwieriger durchzusetzen, wenn individualisierte Produkte gefertigt werden. Diese scheinbar entgegengesetzten Anforderungen sollte ein Unternehmen nicht einfach hinnehmen, sondern vielmehr anstreben, sie zu beherrschen. Wie man diese Aufgabe am besten anpackt, zeigt die folgende Darstellung von fünf konkreten Maßnahmen aus der „Toolbox des Baukastenmanagements“ der Unternehmensberatung Porsche Consulting. Diese Maßnahmen verfolgen das Ziel, mit Hilfe eines Baukastens Stückzahl und Skaleneffekte zu entkoppeln. Das ist besonders hilfreich bei Nischenprodukten und der im Maschinenbau üblichen „Losgröße Eins“. Maßnahme 1: Klare Produktstrategie – „Design to market“ Jedes Unternehmen sollte seine Produkte auf der Basis einer Produkt- und Technologie-Roadmap entwickeln, die kontinuierlich überprüft und aktualisiert wird. Die Roadmap definiert, welche Marktsegmente in Zukunft mit welchen Produkten bedient werden sollen und welche Technologien dafür entwickelt bzw. genutzt werden. Ihre Basis ist eine detaillierte Analyse der Kundenwünsche. Das klingt trivial, ist es aber nicht. Die Beratungspraxis von Porsche Consulting Ziel ist es mit Hilfe eines Baukastens Stückzahl und Skaleneffekte zu entkoppeln zeigt, dass Unternehmen die Marktanforderungen oft eben nicht genau kennen. Hier sollten standardisierte Verfahren wie z. B. die Einordnung der Anforderungen 52 Der Konstrukteur 10/2015

CAD / CAM / PLM nach dem Kano-Modell oder die Bewertung der Nutzwerte mit der Conjoint-Analyse zum Einsatz kommen. Außerdem sollte der Maschinenbauer unterscheiden zwischen einer Basis- und Grundmaschine, die durch vorgehaltene individualisierbare Funktionen bzw. Einheiten („realer Baukasten“) sowie durch weitere denkbare individualisierbare Funktionen/Einheiten („virtueller Baukasten“) komplettiert werden kann. Das bedeutet eine Abkehr vom Prinzip „Design to customer“ hin zum Prinzip „Design to market“. Maßnahme 2: Produktarchitektur definieren Die Definition einer geeigneten Produktarchitektur ist ebenfalls eine zwingende Voraussetzung für effizientes Konstruieren. Ist eine integrale Architektur für Produkte mit geringer Varianz und hohen Anforderungen an Kosten und/oder Leistung der beste Weg? Oder soll ein modularer Baukasten entstehen, der gerade bei komplexen Produkten die effiziente Bereitstellung einer großen Produktvielfalt ermöglicht? Letztlich erwartet der Markt, dass die Maschinenbauer sowohl eine Basismaschine als auch kundenindividuelle Anpassungen bieten. Deshalb kommt heutzutage kaum ein Unternehmen an einem Baukastensystem vorbei – wie stark ausgeprägt auch immer. Durch eine Standardisierung an der richtigen Stelle – nämlich dort, wo der Kunde es nicht oder kaum wahrnimmt, wo aber Kosten eingespart werden – erschließt ein solcher Baukasten zugleich Skaleneffekte, die sich positiv auf Kosten und Qualität auswirken. Er bietet somit eine Strategie zum Umgang mit dem eingangs dargestellten Spannungsfeld aus der geforderten Variantenvielfalt und dem zunehmenden Kostendruck. Die Berater von Porsche Consulting beantworten in diesem Handlungsfeld gemeinsam mit dem Kunden zunächst die Frage, welche Produkte bzw. Baureihen der Baukasten abdecken soll und welche nicht. Zudem sollte geklärt werden, in welchen Bereichen der Kunde Varianz erwartet. Die Erkenntnisse aus der Produkt- und Technologiestrategie unterstützen diesen Prozess. Oft kann eine Standardisierung Kosten sparen, ohne dass das Angebot bzw. der Kunde eingeschränkt wird. Maßnahme 3: Variantengerechte Gestaltung Damit sind wichtige Festlegungen für eine Baukastenstrategie getroffen, die im Prozess verfeinert und konkretisiert werden. Dazu gehört u. a. eine klare Abgrenzung von Plattform- und Variierungs-Umfängen. Durch eine eindeutige Zuordnung von varianten Anforderungen zu einzelnen Modulen wird eine vereinfachte Konfiguration von Produktvarianten durch den Austausch dieser Module ermöglicht. Wichtig ist dabei, eine funktionale Unabhängigkeit der Module sicherzustellen. Auf diese Weise minimiert der Konstrukteur Schnittstellen, die stets Kosten verursachen 01 Die Definition einer Produktarchitektur gehört zu den Voraussetzungen einer effizienten, kundenorientierten Konstruktion und aus Qualitätssicht ein Risiko darstellen. Die nötigen Schnittstellen sollten standardisiert werden, damit Module einfach ausgetauscht und Produkte variantenreich konfiguriert werden können. Zu einer effizienten Baukastenstrategie gehört auch eine klare Planung, wann bestehende Produkte durch Neuentwicklungen „aus dem Baukasten“ abgelöst werden. Diese Planung wird ebenfalls durch die Produkt-Roadmap veranschaulicht. Denn erst wenn der Baukasten in der „Breite“ der Produkte ankommt, also über die Produktfamilien hinaus, lassen sich durch die Skaleneffekte die größtmöglichen Effizienzpotenziale erschließen. Treffen Sie unsere Experten für Kupplungen auf der EUROPORT. November 03.-06., Rotterdam, Halle 1, Stand 1400 Mehr Effizienz und Wettbewerbsvorteile für Ihre Produkte. www.reich-kupplungen.com 2015-08_Reich Reich.indd 1 Anzeige Europort DE_185x90.indd 1 04.09.2015 07.09.2015 11:43:18 15:23:43 Der Konstrukteur 10/2015 53