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DER KONSTRUKTEUR 10/2018

DER KONSTRUKTEUR 10/2018

KLARTEXT GRENZEN DES

KLARTEXT GRENZEN DES 3D-DRUCKS OLIVER REFLE Abteilungsleiter, Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, Stuttgart Aktuell entwickelt sich der Reifegrad der additiven Technologien stark weiter. Die additiven Verfahren werden bestehende Fertigungsprozesse ergänzen und in Summe dazu beitragen, dass komplexe Produkte immer flexibler und schneller hergestellt werden können. Gerade dort, wo immer kürzer werdende Produktund Entwicklungszyklen sowie die Nachfrage nach Produktpersonalisierung das Marktumfeld bestimmen, werden additive Verfahren wettbewerbsentscheidend sein. Und je mehr die Konstrukteure mit den geometrischen Freiheiten, aber auch mit den verfahrensspezifischen Restriktionen umzugehen lernen, desto breiter wird das Einsatzgebiet additiv gefertigter Komponenten. Den Bereich der kostenoptimierten Massenproduktion wird die additive Fertigung auf Grund der Kostenstruktur aber nur in wenigen Ausnahmefällen durchdringen. Als additives Verfahren hat 3D-Druck nicht nur den Prototypenbau revolutioniert, sondern er eröffnet auch in der Fertigungstechnik und im Werkzeug- und Formenbau völlig neue Möglichkeiten. Aber wo liegen die Grenzen des 3D-Drucks im Maschinenbau – heute und in Zukunft? DER 3D-DRUCK WIRD DIE MASSEN- PRODUKTION NICHT EROBERN 3D-DRUCK VS. ZERSPANUNG? – DIE KOMBINA- TION MACHT’S SPECIAL MARCO BIANCONI Business Development Manager, Murtfeldt Kunststoffe GmbH & Co. KG, Dortmund 3D-Druck vs. Zerspanung? Die Kombination macht’s – zumindest zurzeit noch, sofern man industrielle Funktionsbauteile additiv herstellen möchte, bei denen genaue Maßangaben und enge Maßtoleranzen ausschlaggebend für deren Einsatz z.B. in einer Maschine oder Anwendung sind. In der additiven Fertigung kann nur mit den maschineneigenen Fertigungstoleranzen gearbeitet werden, die von Maschine zu Maschine verschieden, aber auch von der Bauteilplatzierung im Bauraum abhängig und somit stark schwankend sind. Werden genaue Toleranzen für z. B. Passungen o.ä. benötigt, sind diese oft nicht umsetzbar bzw. unter Umständen nicht reproduzierbar, was eine (Klein-) Serienfertigung unmöglich machen kann. Wir kombinieren die Vorteile beider Fertigungsverfahren – die Designfreiheit und der hohe Komplexitätsgrad des 3D-Drucks sowie die präzisen Möglichkeiten in der zerspanenden (Nach-) Bearbeitung – und umgehen so die Grenzen der additiven Fertigung.

KLARTEXT THOMAS FEHN Hauptabteilungsleiter Additive Manufacturing bei TRUMPF, Ditzingen Additive Verfahren sind stark im Kommen und fehlen künftig in keiner Fertigungsumgebung. Immer mehr Anwender prüfen, ob der 3D-Druck für ihre Applikation geeignet ist. Dabei ist es wichtig, die gesamte Prozesskette zu beleuchten. Bei hohen Stückzahlen ohne Variationen sind konventionelle Methoden wie Gießen kostengünstiger als der 3D-Druck. Additive Verfahren erlauben wiederum mehr Freiheit in Form und Funktion. Das ermöglicht eine erhöhte Funktionalität, ein geringeres Gewicht und weniger Kosten. Die Luftfahrtindustrie nutzt die Vorteile schon in der Produktion. Ein weiteres Thema ist die Automatisierung. Metallisches Laserschmelzen im Pulverbett – Laser Metal Fusion – ist ein komplexer Prozess, dessen Integration in ein vollautomatisiertes Fertigungsumfeld noch am Anfang steht. Trumpf arbeitet mit Hochdruck daran, die manuellen Tätigkeiten zu reduzieren und die Automatisierung voranzutreiben. ES IST WICHTIG, DIE GESAMTE PROZESS- KETTE ZU BELEUCHTEN DIE STANDARDISIERUNG HÄLT MIT DER ENTWICK- LUNG NOCH NICHT SCHRITT DR.-ING. SIMON JAHN Geschäftsführer, Günter‐Köhler‐Institut für Fügetechnik und Werkstoffprüfung (ifw Jena) Die additiven Verfahren weisen hohe Potenziale auf. Jedoch existieren derzeitig Limitierungen, beispielsweise in Form von geringen Bauraten oder hohen Kosten, die einer breiteren Anwendung entgegenstehen. Mit der stetigen Weiterentwicklung und insbesondere dem Auftreten neuer Anbieter werden die Grenzen zukünftig verschoben. Für großformatige massive Bauteile bieten sich die bisher wenig beachteten Verfahrensgruppen der Schichtlaminierung von Metallblechen und des Materialauftrags mit gerichteter Energieeinbringung (z. B. Lichtbogen-Draht-Varianten) an. Ebenso werden für Metalle zweistufige Verfahren, wie die des Freistrahl-Bindemittelauftrags oder der Materialextrusion, stark an Bedeutung gewinnen. Dabei ist die hohe Festigkeit des Metalls in einem thermischen Prozess (Sintern) nach der Formgebung zu erzeugen. Die Standardisierung hält dagegen noch nicht Schritt mit der Entwicklung. DER KONSTRUKTEUR 10/2018 85