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DER KONSTRUKTEUR 10/2024

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DER KONSTRUKTEUR 10/2024

KLARTEXT GRÜNE

KLARTEXT GRÜNE MECHATRONIK STEFAN PFEIFER Leiter der Abteilung Systems Engineering, Fraunhofer IEM, Paderborn Nachhaltigkeit ist in der Mechatronik längst kein Add-on mehr, sondern integraler Bestandteil der Entwicklungsprozesse. Im Projekt Sustainable Lifecycle Engineering (SLE) verfolgen wir einen modellbasierten Ansatz, der bereits in den frühen Phasen des Engineerings Nachhaltigkeitsaspekte wie Zirkularität und Energieeffizienz einbezieht. Durch die Verknüpfung von Systems-Engineering- Methoden mit klar definierten Nachhaltigkeitsparametern entwickeln wir ressourcenschonende Systeme. Unser Fokus liegt auf drei zentralen Handlungsfeldern: der Analyse von Nachhaltigkeitsaspekten im Engineering, der Einführung einer modellgestützten Entscheidungsunterstützung und der Integration von Nachhaltigkeitsdaten in bestehende Produktlebenszyklusmanagement-Systeme. Grüne Mechatronik bedeutet, Verantwortung zu übernehmen – von der Konstruktion bis zur Wiederverwendung. Ob Energie- und Ressourceneffizienz, die CO 2 -Bilanz über den gesamten Lebenszyklus, umweltfreundliche Materialien oder die Eignung für die Kreislaufwirtschaft. Nachhaltigkeit wird für mechatronische Systeme immer wichtiger – von der Konstruktion und Softwareentwicklung über die Inbetriebnahme und Wartung bis hin zum Betrieb. Was bringt die Konstruktion und Entwicklung bei der grünen Transformation der Mechatronik voran? Welche Kompetenzen, Werkzeuge, Materialien und Prozesse werden dafür benötigt? NACHHALTIGKEITS- ASPEKTE WIE ZIRKULARITÄT UND ENERGIEEFFIZIENZ SIND BEREITS FRÜH EINZUBEZIEHEN REPARIERBARKEIT, ERSATZ- UND VERSCHLEISSTEILE SIND EBENSO WICHTIG WIE FIRMWARE-UPDATES SPECIAL GREGOR DIETZ Marktmanager Motoren, SEW-Eurodrive, Bruchsal Mechatronische Antriebe sind Elektronik, Motor und Getriebe in einem Gehäuse. Hier arbeiten drei Baugruppen eng zusammen. Die Forderungen sind, die Verluste der Baugruppen zu minimieren, damit der Betrieb thermisch sicher ist. Die Wahl fällt auf verlustarme Elemente wie Synchronmotoren und Parallelwellengetriebe. Bei der Elektronik besteht, neben der Energieversorgung, die Aufgabe, die Kommunikation ins Feld herzustellen. Seit 2008 bietet SEW-Eurodrive dieses an, seit Anfang der 2020er-Jahre in zweiter Generation. Deutlich werden eine lange Produktionslebenszeit und eine nachhaltige Nutzungsdauer beim Betreiber. Reparierbarkeit, Ersatz- und Verschleißteile sind genauso wichtig, wie das Aufspielen entsprechender Firmwareerneuerungen. Das ist in der zweiten Generation für die Nutzungsdauer einfacher umgesetzt. Verlustarme Baugruppen und sorgsamer Umgang mit Energie bedarf auch der bewussten Nutzung beim Betrieb. Im Vergleich können durchaus bis zu 50 Prozent Einsatz der Primärenergie reduziert werden. 42 DER KONSTRUKTEUR 2024/10

RALF PETERSEN Engineering Manager Industrial, European Technology Center, NSK Deutschland GmbH, Ratingen Die Werkzeuge für eine „grüne“ Mechatronik sind im Wesentlichen vorhanden. Schon seit 2008 bewerten wir die Umweltauswirkungen – insbesondere die CO 2 -äquivalenten Emissionen – jedes neuen Produktes nach einem eigenen KPI (Key Performance Indicator), dem Neco-Faktor. Dabei gilt ganz klar der Ansatz: Die Effizienz muss von Grund auf in Produkte wie Wälzlager und Kugelgewindetriebe „hineinkonstruiert“ werden. Und die Entwickler müssen offen sein für neue Technologien wie zum Beispiel biobasierte Werkstoffe, die wir bei Wälzlagerkäfigen nutzen. Beim Entwicklungsziel, die CO 2 -Emissionen und sonstige Umweltauswirkungen im Betrieb der Antriebskomponenten zu reduzieren, gibt es wirksame Maßnahmen wie Reibungsreduzierung, geringeres Gewicht, neue Materialien und minimierten Schmierstoffverbrauch. Diese Stellschrauben nutzen wir intensiv und können erhebliche Effizienzsteigerungen erreichen. Erfreulich ist, dass viele Kunden diesen Prozess unterstützen und gezielt NSK-Antriebskomponenten der neuesten Generation beziehen, um ihre CO 2 -Bilanz zu verbessern und zugleich den Energieverbrauch von Maschinen und Anlagen zu senken. KLARTEXT ENTWICKLER MÜSSEN FÜR NEUE TECHNOLOGIEN OFFEN SEIN, ZUM BEISPIEL FÜR BIOBASIERTE WERKSTOFFE NACHHALTIGE ENTWICKLUNG MUSS AUF HOCHINTEGRIERTEN ENTWICKLUNGSKREISLÄUFEN BERUHEN PROF. DR.-ING. ANNA-LENA MENN Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, Professur für Ingenieurmathematik und Optimierung technischer Systeme Voranbringen werden uns Entwicklungsansätze, die es ermöglichen, von Beginn an im gesamten Systemverbund zu denken. Die wichtigsten Kernelemente sind dabei das frühzeitige Berücksichtigen aller beteiligten physikalischen Domänen und die Verknüpfung von technischen und ressourcenbezogenen Anforderungen. Mechatronische Systeme sind multiphysikalische Alleskönner, deren nachhaltige Entwicklung auf hochintegrierten Entwicklungskreisläufen beruhen muss. Die grüne Transformation kann nur durch das reibungslose Zusammenspiel von Systems Engineering, modelbasierter physikalischer Systemsimulation und der Analyse der Umweltauswirkungen gelingen. In meiner Lehre liegt der Fokus auf dem Anwenden dieses Dreiklangs. Durch die Verknüpfung des Modelbased Systems Engineerings mit dem im Zentrum stehenden Systemmodell und der multiphysikalischen 1D-Simulation wird den Studierenden frühzeitig das Bewusstsein für essenzielle Schnittstellen und mehrschichtige Systemaufbauten vermittelt. Bild: Phil Dera www.derkonstrukteur.de DER KONSTRUKTEUR 2024/10 43