ANTRIEBSTECHNIK ANZEIGE 03 Die Rollwerkzeugprofile dringen in die Werkstückoberfläche ein 03 mit Steilgewinde müssen die Eigenschaften des Grundmaterials mitberücksichtigt werden. Dies erfordert sehr viel Erfahrung, die nicht erlernt, sondern nur über lange Zeiträume gesammelt werden kann. Allein am Geräusch der Rollen und des Rollens hört das erfahrene Maschinenpersonal auch, ob das Umformverhalten im grünen Bereich liegt. Verändert sich der Ton, verändert sich auch die Form. Der Ton hängt vom Grundmaterial ab: Beim Rollen von unlegiertem Stahl entsteht ein anderes Geräusch als bei einem schwach- oder hochlegierten Chromstahl. Welche Einflussfaktoren und Werkstoffeigenschaften sind für das Kaltumformverfahren des Gewinderollens besonders relevant? Nachfolgend soll dazu nun ein allgemeiner Überblick gegeben werden. Die Kaltumformbarkeit eines Werkstoffs lässt sich grundsätzlich durch zwei Eigenschaften charakterisieren, und zwar die Formänderungsfähigkeit und das Formänderungsvermögen. Unter der Formänderungsfestigkeit versteht man die für das plastische Fließen erforderliche mechanische Spannung. Aus der Fließspannung können der Kraftbedarf für die Umformung und die zu erwartenden Werkstoffeigenschaften nach der Umformung abgeschätzt werden, nicht jedoch die zu erwartende Form. EMPIRIE UND JEDE MENGE ERFAHRUNG Die Obergrenze der plastischen Umformbarkeit wird als das Formänderungsvermögen bezeichnet. Es wird vor allem von der Art des Spannungszustands, der Werkstofftemperatur und der Formänderungsgeschwindigkeit beeinflusst. Diese Materialeigenschaft muss deshalb für jede Kaltumformung empirisch genau ermittelt werden. Eine Kombination dreier Werkstoffeigenschaften ist in der Praxis des Kaltumformens entscheidend: 1. niedrige Formänderungsfestigkeit und damit geringe Spannung für das plastische Fließen, 2. gutes Formänderungsvermögen, um Risse während der Umformung zu vermeiden und 3. gute Oberflächenbeschaffenheit nach der Umformung. UNTERSTÜTZUNG FÜR KUNDEN AUF DEM WEG ZUR OPTIMALEN ANTRIEBSLÖSUNG – VON DER IDEE BIS ZUR SERIE PRODUKTE UND ANWENDUNGEN KALTUMFORMEN, EIN KOMPLEXER PROZESS Als Kaltumformen wird in der Metallurgie ein Umformen bezeichnet, bei dem der Werkstoff zuvor weder angewärmt (das Gefüge bleibt unverändert) noch erwärmt (das Gefüge verändert sich) wurde. Die geringe Eigenerwärmung durch das Umformen kann vernachlässigt werden. Bei der Kaltumformung handelt es sich um die plastische Verformung von Metallen unterhalb der Rekristallisationstemperatur. Durch die dabei auftretende Verfestigung erhöht sich die Festigkeit des Werkstoffs. Die Änderungen der Werkstoffeigenschaften durch das Kaltumformen bleiben dauerhaft erhalten. Ziel ist in der Regel eine höhere Festigkeit, eine gute Oberflächenqualität ohne Nacharbeit, aber ebenso eine hohe Maßhaltigkeit und gute Werkstoffausnutzung. GUT ZU WISSEN: GEWINDETOLERANZEN Beim Kaltumformen bestimmt die Reibung zwischen dem Werkzeug und dem Werkstück ganz wesentlich den Beanspruchungszustand. Die Reibung wiederum wird entscheidend durch die Werkzeuggeometrie und Schmierung beeinflusst. Auch wenn zur Nachbildung der Charakteristika verschiedener Kaltumformverfahren eine Vielzahl von Prüfmethoden entwickelt wurde, gelten diese in der Regel nur für die zugrundeliegenden Werkstücke und den gewählten Umformprozess. Die erhaltenen Kennwerte lassen sich daher nur mit größter Vorsicht auf andere Werkstückabmessungen oder Umformprozesse übertragen. Gerade diese variablen Einflussgrößen und deren Auswirkungen führen dazu, dass beim Gewinderollen Erfahrungswerte wesentlich zum Erfolg beitragen. Um festzustellen, ob sich die Werkstoffparameter innerhalb des zulässigen Bereichs bewegen, Die ISO-Gewindetoleranzen setzen sich aus einer Angabe für die Toleranzlage und einer für die Größe des Toleranzfelds zusammen. Die Toleranzlage wird durch einen der Kennbuchstaben a bis h bestimmt, die Größe des Toleranzfelds wird durch eine Ziffer zwischen 3 und 9 angegeben. Bei einem Gewinde können der Flankendurchmesser und der Außendurchmesser unterschiedliche Toleranzen aufweisen. So bedeutet M10-4h-6g, dass die Toleranz des Flankendurchmessers 4h und die des Außendurchmessers 6g beträgt. Enge Toleranzen eines Gewindes erlauben größere Toleranzen des zugehörigen Mutterelements und umgekehrt. Die Toleranzlagen a bis g eignen sich besonders dann, wenn ein Oberflächenschutz (Feuerverzinken, galvanisches Verzinken oder Verchromen) mit den heute gebräuchlichen Schichtdicken vorgesehen ist. 20 DER KONSTRUKTEUR 2024/11-12 www.derkonstrukteur.de
ANTRIEBSTECHNIK muss – wie oben bereits ausgeführt – unter anderem die Temperatur gefühlt und das Geräusch des Rollens kontrolliert werden. Es ist besonders darauf zu achten, dass die Prozesstemperatur niedrig bleibt. Gelingt dies nicht, kann der Fließprozess nicht beherrscht werden. Die Folge wäre ein Aufplatzen des Gewindes, vor allem bei kleinen Kerndurchmessern. PLASTISCHE VERFORMUNG UND KALTVERFESTIGUNG Unabhängig von den einzelnen Verfahren oder Varianten ist es beim Gewinderollen immer eine keilförmige Werkzeuggeometrie, die in den Rohteilwerkstoff eindringt. Dabei verdrängt das Werkzeug das Material, welches bei dem Vorgang in die Freiräume der Werkzeugkontur fließt. Der Vorgang ist beendet, wenn entweder die beabsichtigte Auffließhöhe des Werkstoffs erreicht oder die Werkzeugkontur mit Material ausgefüllt ist. Für das Gewinderollen muss das Rohmaterial rotationssymmetrisch sein, also zylindrisch mit einem konstanten Durchmesser. Aber auch dickwandige Rohre und andere Hohlkörper eignen sich unter Umständen zum Rollen. Der erforderliche Durchmesser des Rohteils wird auf der Grundlage von Erfahrungswerten festgelegt oder kann rechnerisch ermittelt werden. Entscheidend sind hier zwei Parameter: 1. das Abwicklungsverhältnis zwischen dem Werkstück und dem Werkzeug sowie 2. das für die beabsichtigte Endform erforderliche Fließvolumen des Werkstoffs. Grundsätzlich eignet sich jeder plastisch verformbare Werkstoff für das Gewinderollen. Das Material muss allerdings eine Dehnung von über 6 Prozent zulassen, ohne bei dem Vorgang des Gewinderollens zu Bruch zu gehen. Ursächlich für die Verformbarkeit von Metallwerkstoffen sind ihr kristalliner Aufbau und ihre chemische Zusammensetzung. So verändert der Kohlenstoffgehalt die Verformbarkeit von Stählen wesentlich: Mit zunehmendem Gehalt nimmt die Möglichkeit der Formgebung ab und die Tendenz zur Kaltverfestigung steigt. Die Verfestigung des Werkstoffs während der Verformung ist bei der Beantwortung der Frage nach den für das Gewinderollen geeigneten Werkstoffen besonders zu berücksichtigen. Die Verfestigung basiert auf komplexen plastomechanischen Vorgängen in der Kristallstruktur und ist am geschliffenen Querschnitt eines gerollten Gewindes nachweisbar. Man kann nicht genügend darauf hinweisen, dass Werkstoffe, die sich verfestigen, zwar hochbelastbare Bauteile ergeben, der Rollvorgang jedoch besondere Maßnahmen und viel Erfahrung erfordert. BERÜHREN, EINDRINGEN UND VERFESTIGEN Der Gewinderollvorgang besteht aus drei Phasen: der Vorbereitungsphase, in der das Werkzeug die Oberfläche berührt, gefolgt von der ersten und zweiten Eindringphase, in denen das Werkzeug in das Material eindringt. Zu Beginn berührt das keilförmige Werkzeug die Oberfläche des zylindrischen Werkstücks. Je nach Geometrie des Rollwerkzeugs ist die Kontaktzone dabei punkt- oder linienförmig. Die Flächenpressung übersteigt in der Regel bereits die Festigkeit des Werkstoffs. Es werden derart hohe Druckspannungen in das Rohteil eingebracht, dass sich das Material plastisch zu verformen beginnt. In der ersten Eindringphase drückt sich das keilförmige Werkzeugprofil eher geringfügig in den Werkstoff ein. Das Grundmaterial verändert dabei seine innere Struktur und verfestigt sich. In dieser Phase wächst die Kontaktfläche zwischen dem Werkzeug. Mit dem größer werdenden Kontaktbereich sinkt jedoch die Flächenpressung, sodass die Maschine eine deutlich größere Rollkraft aufbringen müsste, um die Eindringgeschwindigkeit beizubehalten. In der zweiten Eindringphase nimmt die Kontaktfläche weiter zu und die einsetzende Werkstoffverfestigung erschwert das Eindringen. PERFEKTION, DIE WAS BEWEGT Die Eichenberger Gewinde AG entwickelt und produziert für ihre Kunden maßgeschneiderte Gewindetriebe mit spezifischen Geometrien aus hochwertigen Werkstoffen und setzt moderne Härteverfahren ein. Die benötigten Spezialwerkzeuge für das Gewinderollen werden selbst hergestellt. So erreicht der Schweizer Gewindespezialist eine kurze Time-to-Market für seine anwendungsoptimierten Produkte. Konstrukteure profitieren so von höchster Präzision und Wirtschaftlichkeit für ihre Gewindelösung. Das gilt für die leistungsfähigen und vielseitig einsetzbaren Standardgewindetriebe ebenso wie für individuelle Lösungen. Bilder: Eichenberger; Bild 02: Bernhard Trösch und Kurt Husistein: Gewinderollen Grundlagen, Verfahren, Werkzeuge, Anwendungen gerollter Hightech-Gewinde. Landsberg: Verlag Moderne Industrie, 2007 (Die Bibliothek der Technik, Bd. 286). www.eichenberger.com 04 05 04 Die Speedy-Steilgewindespindeln überzeugen durch extreme Steigungen bis zum sechsfachen Durchmesser und erfüllen hohe Ansprüche an eine effiziente Umsetzung von Linear- in Drehbewegungen 05 Hoher Wirkungsgrad und temperaturstabil: Die Easy-Leichtgewindespindeln bestehen aus einer gerollten Aluminiumspindel mit widerstandsfähiger Gleitbeschichtung (Hartanodisierung) und einer Mutter aus Hochleistungspolymer www.derkonstrukteur.de DER KONSTRUKTEUR 2024/11-12 21
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