FLUIDTECHNIK DIE MISCHUNG MACHT‘S Komponenten aus Edelstahl kommen überall dort zum Einsatz, wo sie Wettereinflüssen oder Chemikalien ausgesetzt sind. Da Edelstahlkomponenten meistens doppelt so teuer sind wie vergleichbare Bauteile ohne Edelstahl, ist eine Beratung vom Experten sinnvoll. PRODUKTE UND ANWENDUNGEN Axel Binner erklärt: „Unser Motto ist: So viel wie nötig, so wenig wie möglich.“ Der Diplom-Ingenieur ist Geschäftsführer bei Hydropa. Das Wittener Unternehmen plant, konfiguriert und fertigt hydraulische Antriebstechnik und hat sich darüber hinaus auf Edelstahlkomponenten spezialisiert. „Natürlich bieten auch andere Lieferanten Edelstahlkomponenten an – allerdings arbeiten wir ausschließlich mit ausgewählten Herstellern zusammen, die hervorragende Qualität liefern. Einer unserer Partnerunternehmen mit Sitz in Dänemark fertigt hydraulische Zylinder ausschließlich aus Edelstahl. Darüber hinaus kann man bei uns nicht einfach Komponenten aus einem Katalog anklicken und bestellen – wir beraten und unterstützen Unternehmen dabei, Edelstahllösungen so zu konfigurieren, dass sie genau das können, was sie sollen.“ SPEZIELLE LEGIERUNGEN ERHÖHEN DIE WIDERSTANDSKRAFT DER EDELSTAHL KOMPONENTEN DIE VORTEILE VON EDELSTAHL Neben der hochwertigen Optik zeichnen sich Komponenten aus Edelstahl durch einige Vorteile aus: Dazu gehören Korrosionssowie mechanische Beständigkeit und Geschmacksneutralität. Edelstahl ist darüber hinaus nicht-magnetisch – eine Ausnahme sind Duplex-Stähle aufgrund des Ferrit-Anteils. Stahlsorten, die mindestens 11,5 Prozent Chrom enthalten, werden als Edelstahl bezeichnet. Um verschiedene Stahlsorten mit unterschiedlichen Eigenschaften wie Schweißbarkeit oder Umformbarkeit herzustellen, werden Legierungselemente wie Nickel, Kohlenstoff, Silizium oder Titan hinzugefügt. Binner führt aus: „Es gibt austenitische, martensitische und ferritische Stähle, Duplex-Stahl sowie ferritisch-austenitische und ferritisch-martensitische Stähle. Edelstahl ist also nicht gleich Edelstahl, sondern wird nach der mikroskopischen Kristallstruktur unterteilt – und falls Konstrukteure oder Ingenieure Komponenten aus dem Katalog bestellen wollen: Das kann man natürlich machen, aber mit einem echten Fachmann an der Seite wird die Konfiguration von Edelstahlanwendungen einfacher und einfach genauer.“ KORROSIONSBESTÄNDIG UND LEICHT ZU REINIGEN Korrosion hat unterschiedliche Erscheinungsformen: Es kommt zu Lochfraß, Spaltkorrosion oder interkristalliner Korrosion – damit ist die Funktionstüchtigkeit und Sicherheit von Anlagen nicht mehr gewährleistet. Wie korrosionsbeständig Edelstahl ist, hängt von der Zusammensetzung ab: Wird Stahl mit mehr als 10 Prozent Chrom veredelt, ist dieser rostfrei. Für den Einsatz in dauerhaft aggressiven Umgebungen mit Seeluft, Meerwasser oder Säure eignen sich Edelstahlkomponenten aus molybdänlegiertem austenitischem Edelstahl – durch das Hinzufügen von Molybdän (ein säurebeständiges Schwermetall) entstehen säurebeständige Legierungen. Neben dem Einsatz in maritimen Umgebungen wird dieser Edelstahl auch in der Bau-, Pharma-, Zellulose- und Blechindustrie verwendet. GEEIGNET BEI AGGRESSIVEN MEDIEN Alle Komponenten von Biogas-, Gülleaufbereitungs-, Klär- und Siloanlagen müssen häufiges Reinigen unter Hochdruck und mit aggressiven Reinigungsmitteln aushalten. Darüber hinaus herrschen extreme Bedingungen durch Gase, Flüssigkeiten oder wechselnde Aggregatzustände. Damit Anlagen funktionstüchtig bleiben, müssen sich die verwendeten Komponenten durch hohe Belastbarkeit und verlässliche Robustheit auszeichnen. Darüber hinaus sollten die Komponenten möglichst wartungsarm und stabil sein. Dazu Diplom- Ingenieur Axel Binner: „Für den Einsatz in aggressiven Medien empfehlen wir Edelstahlkomponenten aus dem Werkstoff 1.4307/AISI 304L oder optional 1.4404/AISI 316L – der austenitische Edelstahl mit Chrom-Nickel-Legierung ist weicher und lässt sich gut verarbeiten. Dieser Edelstahl trotzt erfolgreich aggressiven Stoffen wie Salpeter-, Phosphor- und Essigsäure oder auch Natriumhydroxid.“ 46 DER KONSTRUKTEUR 2024/11-12 www.derkonstrukteur.de
01 02 Komponenten aus molybdänlegiertem austenitischem Edelstahl eignen sich für den Einsatz auf See HYGIENISCHES DESIGN Auch die Kosmetik-, Chemie- und Pharmaindustrie verlässt sich auf Edelstahlkomponenten. Binner führt aus: „Anwendungen besonders in der Lebensmittelindustrie müssen extrem hohen hygienischen Ansprüchen genügen. Sie müssen leicht zu reinigen und lebensmittelecht sein.“ Hydropa empfiehlt Edelstahlzylinder mit angewandtem hygienischem Design, keinen oder minimalen Spaltmaßen sowie gleitenden Übergängen zwischen verschiedenen Komponenten, das perfekt geeignet ist für eine Umgebung, die häufig desinfiziert und oft unter Zeitdruck gereinigt werden muss. Die Passivschicht der verwendeten Edelstahlkomponenten ist durch Säuren oder Laugen nicht angreifbar, sodass keine Wechselwirkung zwischen Oberfläche und Reinigungsmitteln auftreten kann. Binner erklärt: „Das gesamte System wird von uns so verarbeitet und poliert, dass die Oberfläche leicht zu reinigen ist. Und selbstverständlich sind die Komponenten kompatibel mit allen speziell für die Lebensmittelindustrie zugelassen hydraulischen Ölen.“ Die Edelstahlzylinder in hygienischem Design werden in der Regel aus dem Werkstoff 1.4301/AISI 304 oder optional aus 1.4404/AISI 316L gefertigt. Bei höheren Arbeitstemperaturen, die zum Beispiel in der Getränke- und Lebensmittelproduktion auftreten, kann der Einsatz von titanstabilisiertem Edelstahl (Werkstroff 1.4541) empfehlenswert sein, da dieser gegen Wasserdampf, Luftfeuchtigkeit und Speisesäuren beständig ist. EDELSTAHL IST NICHT GLEICH EDELSTAHL Binner erklärt: „Bei Duplex-Stahl werden zwei Stahlsorten gemischt – ferritischer und austenitischer Stahl. Das Ergebnis kombiniert die Vorteile von beiden Stahlsorten: Duplex-Stahl ist extrem beständig, lässt sich gut schweißen und verarbeiten und zeichnet sich außerdem durch Ermüdungsbeständigkeit aus.“ Er ergänzt: „Wir beraten unsere Kunden – oft in enger Zusammenarbeit mit unseren Edelstahlkomponenten-Herstellern, welche Komponenten für welche Anwendung am besten geeignet sind. So stellen wir Funktionstüchtigkeit und Zuverlässigkeit der Anwendungen sicher – und schonen darüber hinaus das Budget unserer Kunden.“ 01 Anwendungen in der Lebensmittelindustrie müssen hohen hygienischen Ansprüchen genügen und kompatibel mit lebensmittelsicheren Hydraulikölen sein 02 Damit Anlagen funktionstüchtig bleiben, müssen sich die verwendeten Komponenten durch hohe Belastbarkeit und verlässliche Robustheit auszeichnen BUDGETSCHONEND GEPLANT UND LEISTUNGSOPTIMIERT KONFIGURIERT Anwendungen aus Edelstahl für spezielle Umgebungen sind erheblich teurer als vergleichbare Anwendung ohne Edelstahlkomponenten. Industrieunternehmen, die nicht über ein unbegrenztes Budget verfügen, profitieren von der Zusammenarbeit mit spezialisierten Experten: Edelstahlkomponenten werden nicht einfach aus einem Katalog bestellt, sondern es werden Lösungen gesucht und gefunden, und zwar von Fachleuten, die über ein grundlegendes Verständnis über Anforderungen von Systemen und Maschinen verfügen. Dazu Binner: „Selbst wenn eine bestimmte Edelstahlkomponente nicht bei unserem dänischen Partnerhersteller gelistet ist, gibt es diese mit großer Wahrscheinlichkeit schon, wenn wir gezielt nachfragen, da das Unter nehmen kontinuierlich forscht und entwickelt.“ Binner resümiert: „Wir fragen nach, wo die Anwendung unserer Kunden zum Einsatz kommen soll. Dann konfigurieren wir die beste Lösung – so viel Edelstahl wie nötig und so wenig wie möglich. Alle Komponenten sind durch die Zusammenarbeit mit unseren spezialisierten Herstellern auch in kleinen Stückzahlen lieferbar. Wir machen das Beste aus dem Budget unserer Kunden und optimieren gleichzeitig die Leistungsfähigkeit der Anwendungen.“ Bilder: Aufmacher JT Jeeraphun – stock.adobe.com, 01 hedgehog94 – stock.adobe.com, sonstige Hydropa www.hydropa.de www.derkonstrukteur.de DER KONSTRUKTEUR 2024/11-12 47
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