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DER KONSTRUKTEUR 11-12/2024

DER KONSTRUKTEUR 11-12/2024

SOFTWARE & PROTOTYPING

SOFTWARE & PROTOTYPING IM RENNEN UM DIE WELTRANGLISTE Komplette Getriebe und Antriebsstränge modellieren und optimieren: Dafür ist die Berechnungssoftware Kisssoft bekannt. Das studentische Team von TU Wien Racing konnte damit nun auch das Getriebe und die Lenkung ihres aktuellen Rennwagens für die Formula Student erfolgreich weiterentwickeln. Tim Sautter, CTO, TU Wien Racing; Patricia Reisinger, Marketing, TU Wien Racing PRODUKTE UND ANWENDUNGEN Der Rennwagen heißt „Edge“ und ist das Herzstück von TU Wien Racing. Der Verein wurde im Jahr 2007 von Studierenden der TU Wien gegründet. Sie wollten ihr theoretisches Wissen durch die Entwicklung und Konstruktion eines eigenen Rennwagens in die Praxis umzusetzen. Seitdem kann das Team auf eine wachsende Mitgliederzahl und 15 Rennwagen zurückblicken. Über 100 Studierende von vier Hochschulen aus 30 Fachrichtungen sind heute an dem Projekt beteiligt, wobei unter den Rennsportbegeisterten nicht nur Maschinenbau, Elektrotechnik und Informatik vertreten sind, sondern zum Beispiel auch Wirtschaft und Orientalistik. Jeden Sommer misst sich TU Wien Racing auf Wettbewerben der Formula Student mit internationalen Hochschulteams. Der erste Bolide ging 2008 an den Start, seit 2014 fährt er nachhaltig mit Elektroantrieb. Von Beginn an lieferten viele Podiumsplätze und Top-10-Platzierungen wertvolle Punkte für die Weltrangliste. GEMEINSAM ZUM ERFOLG Bei der Entwicklung erhalten die Studierenden Unterstützung von zahlreichen namhaften Sponsoren aus der Industrie und setzen auch professionelle Berechnungssoftware ein. Das Programm Kisssoft hat dem Team vor allem bei der Auslegung des Getriebes geholfen. Die Software der Kisssoft AG aus der Schweiz ermöglicht einen sehr starken Detailgrad für die akkurate Berechnung der Komponenten und berücksichtigen dabei alle Einfluss- und Umgebungsfaktoren. Zusätzlich ist die Berechnung von Verzahnungen mit Nicht-Norm-Modulen wichtig und hier besonders die vielen Verzahnungseigenschaften, die ausgelegt und berechnet werden können. Dazu gehören etwa auf das optimale Gleitverhalten angepasste Profilverschiebungen. Ein anderes Beispiel sind angepasste Flankenprofile mit eigenen Höhenund Radien-Faktoren – unter Berücksichtigung der speziellen Kisssoft bietet Ingenieuren Lösungen und Werkzeuge für die Auslegung, Optimierung und Beurteilung von einzelnen Zahnrädern bis hin zu kompletten Antriebssträngen. Mit dem Kisssoft-Release 2024 gibt es unter anderem das Kisssoft System Modul, das die Berechnung von Antriebssträngen beschleunigt. Wir unterstützen das studentische Team von TU Wien Racing gerne und sind stolz, dass mithilfe unserer Software Getriebe und Lenkung des Edge15 für die Formula Student optimiert werden konnten. DIPL. ING. ETH, DIPL. ING. VDI HANSPETER DINNER, Kisssoft AG, Bubikon (Schweiz) 52 DER KONSTRUKTEUR 2024/11-12 www.derkonstrukteur.de

01 02 01 Der Antriebsstrang des aktuellen Rennwagens Edge wurde mithilfe der Berechnungssoftware Kisssoft optimiert 02 Kisssoft ermöglicht einen starken Detailgrad für die akkurate Berechnung der Komponenten und berücksichtigt dabei alle Einfluss- und Umgebungsfaktoren Lastfälle der Formula Student. Ermöglicht werden sie durch das Herstellverfahren des Drahterodierens. Die Programme vereinfachen die Implementierung von Lastkollektiven, die den tatsächlichen Betrieb besser abbilden, und führen in weiterer Folge zu verbesserten Temperatur- und Lastverteilungen über den Zahn. WEITERENTWICKLUNG DES GETRIEBES In der Saison 2021/2022 folgte der Wechsel auf einen Allradantrieb. Das erforderte eine erneute Anpassung an den Motor, eine veränderte Lastenverteilung und andere Randbedingungen, wie etwa die Position des Querlenkers. Aufgrund der Anbindung des Querlenkers am Radträger ist der Bauraum begrenzt. Darüber DIE BERECHNUNGSSOFTWARE UNTERSTÜTZT DAS TEAM BEI DER AUSLEGUNG DES GETRIEBES UND DER LENKUNG hinaus sollen die Kräfte auf den Querlenker durch das kleinere Getriebe verringert werden, da die ungefederten Massen reduziert werden. Vorteilhaft für ein verkleinertes Getriebe sind ein geringeres Gewicht und weniger Massenträgheit durch den kleinen Durchmesser. Die Überarbeitung der Motoren brachte eine neue Herausforderung mit sich: Das Getriebe benötigt eine hohe Übersetzung, da der Motor eine hohe Nenndrehzahl hat und über wenig Moment verfügt. Aufgrund der höheren Drehzahl am Eingang des Getriebes und damit einer erhöhten Anzahl an Lastzyklen liegt der Fokus darauf, die Dauerfestigkeit der Verzahnung des Getriebes zu erhöhen. Für die Saison 2023/24 wurde das Getriebe weiterentwickelt. Das Ziel ist eine verbesserte Übersetzung von 11:1 bis 12:1, um die Beschleunigung zu optimieren und eine höhere Höchstgeschwindigkeit zu erreichen. In Verbindung damit soll der Durchmesser der Verzahnung auf unter 100 mm verkleinert und an den ebenfalls kleinen Motor angepasst werden. Dadurch wird der Kraftfluss durch die gesamte Baugruppe verbessert. Kisssoft unterstützt das Team bei der Modellierung der Verzahnungen und Lager sowie bei der Berechnung der Planetenachsen. Der unterschiedliche Härte- und Festigkeitsgrad der Materialien im Bereich der Steckverbindung zwischen Sonne und Rotor wird dabei vom Programm automatisch berücksichtigt. OPTIMIERUNG DER LENKUNG Auch in anderen Bereichen konnte das Team von TU Wien Racing mit der Software von Kisssoft technische Herausforderungen überwinden. Die Aluminiumteile der Radnabe werden unter Last elastisch verformt, was zu einer Schiefstellung der Achsen der Verzahnung führt. Diese kann in der Berechnungssoftware berücksichtigt werden, wodurch dementsprechende Korrekturfaktoren berechnet werden können. Zusätzlich fokussiert sich die Arbeit mit Kisssoft auch auf das Lenkgetriebe und dessen Ritzel und Zahnstange, die sich in einem Aluminium-CFK-Gehäuse befinden. Wichtig für das Design des Lenkgetriebes waren das Moment der Lenkung, der maximale Lenkwinkel der Räder sowie der maximale Lenkwinkel des Lenkrads. Mit der Software konnten die Studierenden die Verzahnung berechnen, um diese durch optimale Geometrien bei gegebener Last möglichst kompakt und leicht zu gestalten. Dies bedeutet: Auch bei Verwendung anderer Werkstoffe als Stahl wird die höchste Kompaktheit der Zahnräder erreicht. Bilder: Kisssoft, TU Wien Racing www.kisssoft.com www.derkonstrukteur.de DER KONSTRUKTEUR 2024/11-12 53