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DER KONSTRUKTEUR 11/2016

DER KONSTRUKTEUR 11/2016

MYTHEN

MYTHEN DER PRODUKTENTWICKLUNG GEPLANTE OBSOLESZENZ Designed zum Wegwerfen – gibt es die absichtlich verkürzte Lebensdauer wirklich? MENSCHEN UND MÄRKTE Man muss klar unterscheiden zwischen geplanter Gebrauchsdauer von Produkten und dem Phänomen geplanter Obsoleszenz, das stellt auch die Studie „Einfluss der Nutzungsdauer von Produkten auf ihre Umweltwirkung“ des Umweltbundesamtes von 2016 heraus. Das Erstgenannte ist die ökonomisch und ökologisch sinnvolle, am Marktbedarf orientierte Abschätzung eines Produktmerkmals, wohingegen das Zweite die vorsätzliche und bewusste Verkürzung der Produktlebensdauer meint. Sowohl die Studie als auch die öffentliche Debatte beschränken sich im Wesentlichen auf bestimmte Produktgruppen: Klein- und Großgeräte des Haushalts, Unterhaltungselektronik und Informations- und Kommunikationstechnik. Entgegen der öffentlichen Debatte konnten im Rahmen der Studie keinerlei Belege für geplante Obsoleszenz in den genannten Produktgruppen gefunden werden. Bereits im Jahr 2013 bestätigte die Stiftung Warentest, dass derlei Geräte keine kürzere Lebensdauer aufwiesen als noch vor einigen Jahren. Die adressierten Problemfelder umfassen werkstoffliche Obsoleszenz, funktionale Obsoleszenz, psychologische Obsoleszenz (Produkt ist "out") und ökonomische Obsoleszenz (z. B. hohe Reparaturkosten). Der Artikel „Geräte-Verschleiß: Wege aus der Wegwerfgesellschaft“ , der im Februar in "Der Spiegel" erschienen ist, nennt als Hauptkritikpunkt, dass diese Faktoren für den Verbraucher derzeit nicht ersichtlich seien, wobei die Hersteller selbst unter Umständen nicht in der Lage seien, die Gebrauchsdauer ihrer Produkte und all deren Teilsysteme korrekt abzuschätzen. Meine Meinung ist: Unternehmen produzieren das, was am Markt nachgefragt wird. Wobei natürlich Nachfrage auch – zum Beispiel durch Werbung – stimuliert und gesteuert wird. Das führt zu einer großen Bandbreite an Qualität, Nutzungsszenarien sowie im Bereich des Preises. Bei der Diskussion um enttäuschte Kunden aufgrund von Produktversagen muss kritisch hinterfragt werden, ob eine Auslegung auf eine höhere Gebrauchsdauer einen gesteigerten Kundennutzen bewirkt. Andernfalls wäre das pure Verschwendung. Genau hier setzt wissenschaftliche Produktentwicklung an: Wir erforschen und lehren Methoden, mit denen die Balance zwischen tatsächlichem Kundennutzen, ökonomischem und ökologischem Nutzen bedarfsgerecht gestaltet werden kann. Eine verbesserte Transparenz durch Information über die geplante Gebrauchsdauer und das zugrundeliegende Nutzungsprofil eines Produkts könnte zum Vertrauen in die Unternehmen beitragen. Sie birgt jedoch die Gefahr, dass Kunden die komplexen Informationen fehlinterpretieren wodurch unter Umständen sogar Wettbewerbsverzerrungen entstünden. Ein Durchschnittsverbraucher 114 DER KONSTRUKTEUR 11/2016 kann nur schwer beurteilen, ob eine Auslegung einer Bohrmaschine mit 40 h Gebrauchsdauer ausreichend oder zu gering für seine Bedürfnisse ist. Im Allgemeinen ist die Forderung nach mehr Transparenz richtig – jedoch besteht noch Forschungsbedarf in Hinblick auf geeignete produkt- und zielgruppenspezifische Kennzeichnungen, die vom Endverbraucher schnell nachvollzogen werden können, aber die Thematik nicht unzulässig verkürzen. www.ipek.kit.edu DER EXPERTE UNIV.-PROF. DR.-ING. DR. H. C. ALBERT ALBERS, JAHRGANG 1957, IST SEIT 1996 ORDINARIUS UND HEUTE SPRECHER DER INSTITUTSLEITUNG DES IPEK – INSTITUT FÜR PRODUKTENT- WICKLUNG AM KARLSRUHER INSTITUT FÜR TECHNOLOGIE (KIT).

VORSCHAU IM NÄCHSTEN HEFT: 12/2016 ERSCHEINUNGSTERMIN: 12. 12. 2016 • ANZEIGENSCHLUSS: 25. 11. 2016 01 02 03 01 Mehr Modelle, mehr Seriengrößen – ein Kupplungshersteller erweitert stetig sein Angebot an Industrie- und Präzisionskupplungen, um eine noch umfangreichere Palette an Standardlösungen zu bieten. Bild: R+W Antriebselemente 04 DER DIREKTE WEG IM INTERNET www.DerKonstrukteur.de ALS E-PAPER www.engineering-news.net REDAKTION m.doeppert@vfmz.de WERBUNG a.zepig@vfmz.de IN SOZIALEN NETZWERKEN www.Facebook.com/DerKonstrukteur www.twitter.com/derkonstrukteu 02 Es ist nicht nur die Sanftheit, die diese mechatronischen Greifer gegenüber pneumatischen bieten. Ihr Einsatz reduziert zudem die Gesamtkosten, was Begeisterung bei den Anwendern hervorruft. Bild: Gimatic 03 Ein Haus aus dem 3D-Drucker ist längst keine Utopie mehr. In solchen Druckern bedarf es dann aber anforderungsgerechter Linearbzw. Portalsysteme und dem entsprechenden technischen Know-how. Bild: Igus 04 Bewährte Wälzlager für innovatives Elektro-Zweirad – dahintersteht die Erfolgsgeschichte des Münchner Startup-Unternehmens Evinci mit seinem neuen Zweiradkonzept. Bild: Evinci (Änderungen aus aktuellem Anlass vorbehalten) DER KONSTRUKTEUR 11/2016 115