TITELSTORY LEISTUNGSSTEIGERUNG AUF LAGER PRODUKTE UND ANWENDUNGEN Die Windtechnik ist aus Sicht eines Wälzlagerherstellers nicht nur wegen der sehr hohen Anforderungen an die Produkte anspruchsvoll. Auch die Art der Zusammenarbeit setzt Maßstäbe in der Industrie, weil die Entwicklungsarbeit in enger Kooperation mit dem Kunden erfolgt. So war es auch bei Getriebelagern für Offshore-Windenergieanlagen mit über 6 MW Leistung. Neue Lagerkonzepte leisten hier einen Beitrag zur höheren Leistungsdichte der Anlagen. Autor: Marcin Kandzia, Team Leader Engineering Wind Turbine Application; Ralf Petersen, Engineering Manager Industrial, European Technology Center, beide NSK Deutschland GmbH, Ratingen In der Windtechnik sind zurzeit zwei dominierende Trends zu erkennen. Die Windenergieanlagen (WEA) werden zunehmend in Offshore-Parks errichtet, und die einzelnen Anlagen werden immer größer und leistungsfähiger. Aktuell sind Offshore-Anlagen mit 8 MW Stand der Technik, in Kürze werden es 9,5 MW sein. So wird vor der Ostküste Englands der Windpark „Triton Knoll“ errichtet, in dem 90 Anlagen mit je 9,5 MW installierter Leistung eine Gesamtleistung von 860 MW erbringen. Zum Vergleich: Ein Kernkraftwerk mittlerer Größe hat eine Leistung von 1 400 MW. WEITERENTWICKLUNG VON BEWÄHRTEN MODELLEN Die Rotorblätter der Offshore-WEA, die hier zum Einsatz kommen, sind 80 m lang, die Gesamthöhe vom Meeresspiegel bis zur Blattspitze beträgt 220 m. Die gesamte Gondel einer 8-MW-Anlage wiegt knapp 400 t, das Getriebe rund 70 t. Bei der Weiterentwicklung solcher Anlagen mit dem Ziel der Leistungssteigerung sind die Hersteller darauf bedacht, vorhandene Modelle zu ertüchtigen und damit Technologien und Designs zu nutzen, die sich unter den extremen Bedingungen und Anforderungen bereits bewährt haben. Zudem gehört es zu den erklärten Entwicklungszielen, Baugröße und Gewicht der Gondel und ihrer 12 DER KONSTRUKTEUR 12/2018
KONSTRUKTIONSELEMENTE 02 01 03 Kernkomponenten nicht noch weiter zu steigern. Stattdessen soll die Leistungsdichte (power density) gesteigert werden. Das heißt: Die Leistungssteigerung wird idealerweise durch Optimierungen des Antriebsstrangs erreicht. Hier kommt dem Getriebe eine wichtige Funktion zu. HERAUSFORDERUNG: GETRIEBELAGER FÜR WEA NSK begleitet die Hersteller von Getrieben und von kompletten WEA bei dieser Entwicklung und kann dabei auf jahrzehntelange Erfahrung zurückgreifen. In dieser Zeit ist die Leistung der WEA und auch das Produktspektrum stetig gewachsen. Zu den technischen Herausforderungen in diesem Anwendungsbereich von Wälzlagern gehört es, dass trotz der großen Abmessungen sehr enge Toleranzen von rund 10 µm einzuhalten sind. Die Anlagenhersteller fordern eine Lebensdauer von 20 oder sogar 25 Jahren (175 000/219 000 Stunden), und das bei den widrigen Umgebungsbedingungen und sehr dynamischen Belastungen. NEUE LAGERKONZEPTE FÜR HÖHERE LEISTUNGSDICHTE Mit neuen Lagerkonzepten leistet NSK einen Beitrag zum Entwicklungsziel der Anlagenhersteller, auf vorhandenem Bauraum und 01 Ein zentraler Trend in der Antriebstechnik von großen Windenergieanlagen ist die Steigerung der Leistungsdichte; das hat auch Einfluss auf die Wälzlager 02 Bei neuen Lagerkonstruktionen für WEA – hier ein zweireihiges Kegelrollenlager – sind die Außenringe der Lager direkt in die Planetenräder integriert, das spart Gewicht und Bauraum und erhöht somit die Leistungsdichte 03 NSK fertigt auch vierreihige Zylinderrollenlager in integrierter Bauweise für die Planetengetriebe von WEA mit vorhandenen Kernkomponenten (Gondelgehäuse, Rotorblätter, Generator) eine Leistungssteigerung zu erzielen. Ein aktuelles Beispiel: Bei der Multi-MW-Anlage eines Herstellers wird die Drehbewegung des Rotors über ein kompaktes dreistufiges Planetengetriebe an den Generator übertragen. Bei der ersten Generation dieser Anlagen bzw. Getriebe kamen noch konventionelle Kegelrollenlager mit Innen- und Außenring zum Einsatz. Bei den neuen, leistungsgesteigerten Versionen sind die Außenringe der Lager direkt in die Planetenräder integriert. Diese Integration setzt – insbesondere vor dem Hintergrund der Toleranzen im µm- Bereich – eine intensive Zusammenarbeit zwischen Wälzlager- und DER KONSTRUKTEUR 12/2018 13
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