SPECIAL SAFETY & SECURITYVor demBau von Maschinenoder Anlagenerfolgt dieRisikobeurteilungSPECIALdass die Maschine nicht den Anforderungen der Maschinenrichtlinieentsprach. In der Urteilsbegründung wird ausgeführt:„Demnach sind spezielle Warnhinweise in der Bedienungsanleitungoder Instruktionen der Benutzer als Sicherheitsvorkehrungnur dann hinreichend, wenn andere Schutzmaßnahmen nichtmöglich sind oder diese zu unverhältnismäßigen Beeinträchtigungenbei der Benutzung der Maschine führen würden.“RISIKEN FRÜHZEITIG KONSTRUKTIVLÖSEN UND KOSTEN OPTIMIERENVerspätete Risikobeurteilungen führen zu hohen Kosten durchUmbauten und zu rechtlichen Risiken. Je früher im Projektverlaufdas Thema Sicherheit in Form von Gefährdungen und Risikenbehandelt wird, desto größer ist die Beeinflussbarkeit durchANFORDERUNGEN DERMASCHINENRICHTLINIESIND KEINE BLOSSENEMPFEHLUNGENdie ausführenden Personen, wie etwa Konstrukteure. Beispielsweiselassen sich bestimmte Risiken durch deren frühzeitige Behandlungkonstruktiv, also im besten Fall ohne Mehrkosten lösen.Erst später erkannte Gefährdungen müssten entweder durch gegebenenfallsteure Schutzeinrichtungen (zum Beispiel Lichtvorhänge)abgesichert werden (wobei hier zu prüfen ist, ob dannimmer noch das dreistufige Prinzip eingehalten ist), oder durchkonstruktive Anpassungen – was sich in Personalkosten entsprechendniederschlägt.MASSNAHMEN ZUR RISIKOMINDERUNGa) Inhärent sichere Konstruktion (Stufe 1)Was müssen Konstrukteure nun tun, um sichere Maschinen undAnlagen entsprechend dem dreistufigen Konzept zu bauen? Konstrukteuresollen gemäß EN ISO 12100 Abschnitt 6.2 bereits beider Gestaltung Gefahren vermeiden. Dazu zählen unter anderemdie Vermeidung von Quetsch- und Scherstellen, die Begrenzungvon Kräften und Emissionen sowie eine ergonomische Gestaltung,die Auswahl geeignete Technologien und Wartungsfreundlichkeit.b) Unterstützung durch NormenBei der Umsetzung helfen technische Normen. Sogenannte C-Normen (produktspezifische Normen) unterstützen beispielsweisedurch konkrete Lösungsvorschläge oder verweisen auf allgemeinesicherheitstechnische Normen (B-Normen), zum Beispielfür maximale Kräfte, Oberflächentemperaturen, Abständeet cetera. Bei der Normenauswahl sind insbesondere die zwei folgendenFragen zu prüfen. Ist die Norm für den Einsatzzweck geeignet (z. B. wenn auchKinder in den Gefahrenbereich der Maschine kommen können)? Ist sie gültig zum Zeitpunkt der Inverkehrbringung, also z. B.beim Verkauf der Maschine?Die CE-Software Safexpert von IBF Solutions (siehe Infokasten)unterstützt neben zahlreichen Funktionen rund um die Risikobeurteilungund CE-Dokumentation insbesondere bei der Aktualitätsüberwachungvon Normen auf Ebene einzelner sicherheitstechnischerMaßnahmen.c) Technische und ergänzende Schutzmaßnahmen (Stufe 2)Lassen sich Gefährdungen nicht durch inhärent sichere Konstruktionenbeseitigen oder absichern, kommen technischeSchutzmaßnahmen zum Einsatz. Beispiele hierfür sind: Trennende Schutzeinrichtungen, wie Schutzzäune oder Klappen Steuerungstechnisch überwachte Schutzeinrichtungen mitVerriegelung Zuhaltungen bei NachlaufgefahrenFür das oben zitierte Urteil des Kreissägeautomaten wäre eineverriegelte trennende Schutzeinrichtung mit Zuhaltung einemögliche Lösung gewesen, mit der es wohl nicht zum Unfall undsomit auch zu keinem Schuldspruch gekommen wäre. Zusätzlichzu den trennenden Schutzeinrichtungen sind auch nichttrennendeSchutzeinrichtungen wie etwa berührungslos wirkendeSchutzeinrichtungen (BWS) oder Zweihandschaltungen Beispielefür Maßnahmen der Stufe 2.Durch das Zusammenwirken von mechanischen Konstruktionen(zum Beispiel Schutztür) und steuerungstechnischer Überwachungergibt sich eine wichtige Schnittstelle zwischen unterschiedlichenDisziplinen: Je nach Risikoeinschätzung ergebensich Anforderungen an die Sicherheitsfunktion. Diese definierendie Zuverlässigkeit der Wirkkette vom Sensor bis zum Aktor. Diesein der Risikobeurteilung ermittelte Anforderung wird Steuerungsbauernbeispielsweise als „required Performance Levels“(PLr) für die Auslegung der Sicherheitsfunktion (zum Beispielentsprechend EN ISO 13849-1) zur Verfügung gestellt. Als ergänzendeSchutzmaßnahmen nennt die ISO 12100 beispielsweiseNot-Halt-Einrichtungen, welche gegebenenfalls zusätzlich anMaschinen angebracht werden müssen.d) Risikominderung durch Benutzerinformation (Stufe 3)Benutzerinformationen dienen dazu, die Erkennbarkeit vonnicht vermeidbaren Gefährdungen zu erhöhen. Im Zuge der Risikobeurteilungwird entschieden, welcher Informationskanal genutztwird. Die Kommunikation mit den Anwendern kann überunterschiedliche Kanäle erfolgen, wie etwa: direkt an der Maschine, wie zum Beispiel in Form von Piktogrammen in der Betriebsanleitung auf der VerpackungEine zentrale Schnittstelle besteht zwischen Konstruktion undtechnischer Redaktion: Frühzeitig dokumentierte Restgefährdungenkönnen später in der Betriebsanleitung ausgearbeitet werden.Dies spart Rechercheaufwand und sichert die Vollständigkeit. Auchoptische und akustische Signale können genutzt werden – dabeimahnt die EN ISO 12100 zur Vermeidung von Reizüberflutung.44 DER KONSTRUKTEUR 2025/04 www.derkonstrukteur.de
NEUE ANFORDERUNGEN ANBETRIEBSANLEITUNGENEin wesentlicher Unterschied in der neuen Maschinenverordnungist die Möglichkeit, Betriebsanleitungen nun in digitalerForm bereitzustellen. Dies kann deutliche Vorteile hinsichtlichder Aktualisierbarkeit und der Bereitstellung relevanter sicherheitstechnischerInformationen bieten. Allerdings muss dabeiFolgendes sichergestellt werden:n Leichte Zugänglichkeit der digitalen Betriebsanleitung, undzwar über die gesamte Lebensdauer der Maschinen Auf Wunsch des Nutzers muss eine gedruckte Version bereitgestelltwerden könnenn Sicherheitskritische Informationen müssen weiterhin in physischerForm an der Maschine selbst angebracht werden.FAZITViele Personen tragen ihren Anteil dazu bei, dass Maschinenund Anlagen den sicherheitstechnischen Anforderungen genügen.Eine sehr wichtige Rolle kommt hierbei Konstrukteuren zu.Durch die Risikobeurteilungen wird frühzeitig ermittelt, welcheGefährdungen und Risiken von der zu entwickelnden Maschineoder Anlage ausgehen. Im Zuge der frühzeitigen Durchführungdes gesetzlich geforderten Prozesses der Risikobeurteilung undinsbesondere des dreistufigen Konzepts der Lösungsauswahlentstehen Maschinen und Anlagen auf sicherheitstechnischhohem Niveau – mit dem Nebeneffekt, dass Aufwände für umfangreicheRe-Designs oder Kosten für teures Sicherheitsequipmentgespart werden.Mit der neuen Maschinenverordnung (EU) 2023/1230 ergebensich Anpassungen für Maschinenhersteller. Die frühzeitigeund umfassende Risikobeurteilung bleibt aber ein zentraler Bestandteilder Konstruktion und wird durch neue Anforderungenergänzt, insbesondere im Bereich digitaler Sicherheitsaspekteund der Künstlichen Intelligenz.Bilder: IBF Solutions, Aufmacherbild: gorodenkoff – istockphoto.comwww.ibf-solutions.comRISIKOBEURTEILUNG AUF DEMNEUESTEN STANDSafexpert ist die Software von IBF Solutions zur CE-Kennzeichnung und Risikobeurteilung von Maschinen,Anlagen und elektrischen Geräten. In „CE-Leitfäden“werden Anwender durch die Anforderungen derMaschinen- oder Niederspannungsrichtlinie, sowie derneuen Maschinenverordnung geführt – mit der Risikobeurteilungals Herzstück. Die Software ist klar undsystematisch aufgebaut und mehrere Personen könnengleichzeitig an einer Risikobeurteilung arbeiten.Besonders nützlich ist die Möglichkeit zur automatischenÜberwachung von Projekten auf deren Aktualitätbezüglich einschlägiger Richtlinien und Normen.Darüber hinaus unterstützen zahlreiche Features dassicherheitstechnische Engineering, wie etwa dieNormensuche und -verwaltung, ein Betriebsanleitungsassistent,eine Piktogrammbibliothek, Vorlagen fürKonformitätserklärungen und vieles andere mehr.
Laden...
Laden...