WERKSTOFF- & VERBINDUNGSTECHNIK DAS GEHEIMNIS UNSERES WERKSTOFFS BASIERT AUF DREI TECHNOLOGIEN Die Ursprünge liegen vor 95 Jahren in der Motorinstandhaltung – das erste eigene Produkt der Herbert Hänchen GmbH & Co. KG war dann 1952 ein Hydraulikzylinder. Heute versteht sich das Unternehmen als Systemlieferant. Seit 2015 gehören auch Bauteile aus kohlefaserverstärkten Kunststoffen zum Portfolio. Wie kam das? Und wo geht die Reise in dem Bereich hin? Darüber sprachen wir mit Klaus Wagner, dem Leiter Forschung und Innovation der Herbert Hänchen GmbH & Co. KG. Sie sind Spezialist für Hydraulikzylinder und Antriebssysteme, wie kam es dazu, dass Sie sich mit kohlefaserverstärkten Kunststoffen beschäftigen? Ein Kunde aus der Prüftechnik fragte nach sehr leichten Kolbenstangen für einen hochdynamischen Prüfstand. Diese Anforderung war mit konventionellen Werkstoffen wie Stahl, Aluminium oder Titan nicht umsetzbar. Mit Stahl waren die projektierten Stangen aufgrund der hohen Werkstoffdichte zu schwer. Leichtbauwerkstoffe wie Titan oder Aluminium verfügen zwar über geringere Dichte, aber auch einen geringeren Elastizitätsmodul. Dadurch wäre eine stark erhöhte Baugröße der Kolbenstangen nötig gewesen, um die Anforderungen an die Steifigkeit zur Aufnahme von Seitenkräften zu erfüllen. Aus dieser Anforderung heraus haben wir entschieden, uns mit dem Thema Verbundwerkstoffe zu befassen. INTERVIEW PRODUKTE UND ANWENDUNGEN Was leistet Ihr Werkstoff, das andere kohlefaserverstärkte Kunststoffe nicht können? H-CFK ist ein von Hänchen entwickelter, hochbelastbarer Verbund von Carbon und anderen Komponenten. Zur Aufnahme der Kräfte werden spezielle Laminataufbauten designt, die die hohen dreidimensionalen Belastungen aufnehmen können. Hierzu werden verschiedene Faserwinkel von verschiedenen Faserwerkstoffen kombiniert. Um eine hohe Kraft in die Kolbenstangen einleiten zu können, werden speziell entwickelte Verfahren angewandt, um metallische Gewindeende hochbelastbar in das Laminat einzubinden. Und um die Oberfläche druckfest und flüssigkeitsdicht auszuführen, ist eine spezielle Oberflächenbeschichtung erforderlich, die auch den Belastungen von Dichtungen bei hohen Hydraulikdrücken standhält. Hierbei unterscheiden wir uns von am Markt gängigen Methoden. Stv. Chefredakteurin Martina Klein im Gespräch mit Klaus Wagner, dem Leiter Forschung und Innovation der Herbert Hänchen GmbH & Co. KG in Ostfildern 10 DER KONSTRUKTEUR 2020/05 www.derkonstrukteur.de
WERKSTOFF- & VERBINDUNGSTECHNIK Wie erreichen Sie das? Die verschiedenen Verfahren und Maschinen, um diese Technologien umzusetzen, wurden von uns eigens entwickelt. Zum Beispiel haben wir mit unserem Geschäftsbereich Ratio-Drive eine 10-Achs- Wickelmaschine konstruiert und gebaut, die Fasern nicht nur rund wickeln kann, sondern in alle Richtungen, auch unidirektional – also in Längsrichtung – legen kann. In diesem Verfahren werden auch metallische Endstücke eingebunden. Auch das spezielle Verfahren zur Erzeugung der H-CFK-Oberfläche wurde von uns entwickelt und kann bei uns angewandt werden. Wichtig ist es, für jeden Anwendungsfall die möglichst genaue Belastung der Bauteile zu kennen, um die jeweils passende Technologie optimal anwenden zu können. Sie erzielen mit dem Werkstoff an verschiedenen Stellen Vorteile bei Ihren Produkten. Können Sie uns das erklären? Da der Geschäftsbereich H-CFK mit Mitarbeitern und Know-how aus dem Bereich Hydraulik aufgebaut wurde, liegen Anwendungen des neuen Werkstoffs am und im Hydraulikzylinder nahe. Neben der Kolbenstange und dem Zylinderrohr aus H-CFK ist hier insbesondere die Entwicklung des Dichtungssystems Servoseal zu nennen. Der Servoseal ist eine Hybriddichtung und besteht aus einem Kunststoffdichtring für die eigentliche Dichtwirkung und einem Verstärkungsring aus Carbon. Durch den hochsteifen Carbonring können die Belastungen auf die Dichtungslauffläche derart reduziert werden, dass eine Dichtung auch hochdynamische Anwendungen im Kurzhubbereich fast ohne Leckage und Reibung abdichtet. Aber es geht nicht mehr nur um die Optimierung Ihrer Hydraulikzylinder. Bauteile aus H-CFK sind heute ein eigener Geschäftsbereich bei Ihnen. Wo kommen die Produkte überall zum Einsatz? Die oben genannten drei Technologien von H-CFK – das Carbon-Design, der Metall-Carbon-Verbund und die Oberfläche – wurden für hoch belastbare BEI DER KONSTRUKTION VON CARBONBAUTEILEN IST ES WICHTIG, DASS MAN SICH VON VORGÄNGERBAUTEILEN AUS METALL LÖST Kolbenstangen entwickelt. Schnell haben wir gemerkt, dass die Anwendung dieser Technologien aber auch in anderen Bereichen, insbesondere auch in nicht hydraulischen Bereichen, sinnvoll sind, wenn auch in manchen Anwendungen nur eine dieser Technologien. So kommen H-CFK-Walzen aus Gewichtsgründen zum Beispiel in der Handhabungstechnik zum Einsatz, wenn große Vliesrollen für die Produktion von Fahrzeuginnenverkleidungen bewegt werden müssen. Oder als Antriebswelle in Schraubsystemen, um mit den niedrigen Massenträgheitsmomenten hohe Anzugsmoment-Genauigkeiten zu erreichen. Welche möglichen Anwendungsfelder sehen Sie für den Werkstoff in der Zukunft noch? H-CFK ist ein Werkstoff, der nicht nur ein geringes Gewicht bietet. Auch mit anderen Eigenschaften kann das Material punkten: So ist H-CFK amagnetisch, was zum Beispiel in der Sensortechnik ein Vorteil sein kann. Oder es kann als hochfestes Element zur Armierung von schnell laufenden Rotoren in Elektromotoren zur Fixierung der Magnete eingesetzt werden. Hierzu kann man eine H-CFK-Hülse aufpressen oder H-CFK in Dienstleistung auf den Rotor direkt aufwickeln. Ein weiterer Materialvorteil ist das Temperaturverhalten: H-CFK hat eine deutlich geringere Wärmeausdehnung als metallische Werkstoffe, die daraus gefertigten Produkte sind also sehr temperaturstabil. Dies kann zum Beispiel für wissenschaftliche Teleskope oder in der Satellitentechnik vorteilhaft sein. Was ist bei der Entwicklung von Bauteilen aus dem Werkstoff zu beachten? Wichtig ist bei der Konstruktion von Carbonbauteilen immer, dass man sich von Vorgängerbauteilen aus Metall löst. H-CFK ist ein nicht-isotroper Werkstoff aus Fasern, dessen Belastungsfähigkeit aus dem Aufbau des Laminats beziehungsweise der Faseranordnung kommt. Anders als bei isotropen Metallen, die in alle Richtungen gleich belastbar sind, muss bei H-CFK stets die genaue Belastung berücksichtigt werden und entsprechend muss das Laminat designt werden. Dadurch sehen Carbonbauteile oft anders aus bzw. sind nicht zu 100 % austauschbar. Auch kann es sein, dass H-CFK-Bauteile größer als Metallbauteile konstruiert werden müssen, um alle Belastungen realisieren zu können. Trotzdem können sie dadurch leichter als Metall sein. www.haenchen.de Das Interview führte Martina Klein. KERAMIK LEISTET MEHR. Bauteile aus Technischer Keramik vollbringen Höchstleistungen in den anspruchsvollsten Anwendungen. Profitieren Sie von den herausragenden Materialeigenschaften der extrem harten und verschleißfesten Funktionswerkstoffe. Mehr unter sembach.de Sembach GmbH & Co. KG . 91207 Lauf a. d. Pegnitz . Tel.: +49 (0) 9123 167 0 . info@sembach.de
Laden...
Laden...