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DER KONSTRUKTEUR 5-6/2021

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DER KONSTRUKTEUR 5-6/2021

WERKSTOFF- &

WERKSTOFF- & VERBINDUNGSTECHNIK VIER WERKSTOFFE AUF EINMAL? INTERVIEW PRODUKTE UND ANWENDUNGEN Der Multimaterial-3D-Druck verspricht, Bauteile aus mehreren verschiedenen Werkstoffen mit unterschiedlichen Eigenschaften in nur einem Arbeitsschritt zu erschaffen. Das klingt sehr verlockend. Auch der Kunststoffspezialist Igus ist in diesem Bereich aktiv. Wir sprachen mit Tom Krause, dem Leiter des Geschäftsbereichs Additive Fertigung. Herr Krause, als Spezialist für Tribopolymere ist für Igus der 3D-Druck schon lange ein Thema. Seit wann beschäftigen Sie sich mit Mehrkomponenten-3D-Druck und wo stehen Sie heute? Wir bieten bereits seit 2015 den 3D-Druck mittels Filamenten im FDM-Verfahren und seit 2016 auch die Herstellung von verschleißfesten Sonderteilen im SLS-Verfahren an. Zusätzlich dazu drucken wir Werkzeuge für den Spritzguss im SLA-Verfahren. Der Mehrkomponenten-3D-Druck ist seit Anfang des letzten Jahres ein großes Thema für Igus geworden. Mit insgesamt vier Druckern fertigen wir derzeit die 2K-Sonderteile und das Interesse ist groß. Wie viele Materialien lassen sich in einem Arbeitsschritt verarbeiten? Derzeit können wir zwei verschiedene Materialien im 3D-Druck verarbeiten, in den nächsten Wochen wird es jedoch auch die Möglichkeit geben, Bauteile aus bis zu vier verschiedenen Materialien bei uns drucken zu lassen. Welche Vorteile können Sie mit dem Multimaterial- 3D-Druck konkret erschließen und welche neuen Möglichkeiten eröffnet er? Mit dem Multimaterialdruck lassen sich die Vorteile verschiedener Kunststoffe einfach miteinander kombinieren. Dadurch erhält der Anwender zum Beispiel genau das zu seiner Applikation passende Bauteil, welches eben an manchen Stellen eine höhere Steifigkeit benötigt und an anderen Stellen eine gute Abriebfestigkeit. So entstehen individuelle Bauteile, die optimal auf die Anwendung ausgelegt und kostengünstig sind. Für welche Einsatzgebiete eignet sich der Multimaterial-3D-Druck besonders? Der Multimaterialdruck eignet sich zum einen für Anwendungen, in denen die Lasten für unsere normalen Iglidur-Kunststoffe zu hoch sind. Hier können wir andere Kunststoffe einsetzen, die nicht reibungs- und verschleißoptimiert sind, sondern für eine höhere Festigkeit und Steifigkeit des Bauteils sorgen. Ein Beispiel: Ein Bauteil zum Umlenken von Kräften in einer Apparatur soll eine möglichst hohe Steifigkeit aufweisen, um das Gelenk frei von Störeinflüssen zu halten. Gleichzeitig sollen die Lagerstellen möglichst leichtgängig, aber haltbar und verschleißfest sein. Hier bietet sich eine Kombination aus einem glas- oder kohlefaserverstärkten Konstruktionswerkstoff, beispielsweise Igumid P150, und einem tribologisch optimieren Material, wie dem Iglidur Tribofilament von Igus an. Ein anderer 28 DER KONSTRUKTEUR 2021/05-06 www.derkonstrukteur.de

WERKSTOFF- & VERBINDUNGSTECHNIK DURCH DEN 2K-DRUCK KÖNNEN Z. B. DICHTLIPPEN DIREKT AN DAS BAUTEIL GEDRUCKT WERDEN 01 Anwendungsbereich ist die Integrationen von zusätzlichen Funktionen, wie zum Beispiel das Drucken von Dichtlippen direkt an das Bauteil. Welches Verfahren nutzen Sie und wie funktioniert das? Wir nutzen das FDM-Verfahren, hier werden mittels der zwei unterschiedlichen Filamente die Bauteile auf der Druckplatte erstellt. Dabei wird der Kunststoff geschmolzenen und durch die Druckdüsen Schicht für Schicht auf die Platte aufgetragen. An der Luft erkalten die Materialien und werden fest. 02 Welche Werkstoffe eigenen sich für den Mehrkomponenten-Druck? Wir bei Igus fokussieren uns auf die Verarbeitung von tribologisch optimierten Hochleistungskunststoffen, die sich durch eine hohe Verschleißfestigkeit auszeichnen. Für das FDM-Verfahren bieten wir derzeit insgesamt acht Filamente an, die mit unterschiedlichen Vorteilen wie hoher Beständigkeit gegen Hitze, Druck oder Chemikalien aufwarten. Außerdem führen wir auch Materialien im Sortiment, die speziell für den Einsatz im Lebensmittelbereich ausgesetzt sind. In Kombination mit unseren Iglidur-Filamenten lassen sich steife Werkstoffe wie zum Beispiel Igumid P150 oder auch weiche Werkstoffe verarbeiten. Welche Arten von Material-Kombinationen gibt es? Es gibt zum Beispiel die Kombination von Iglidur-Gleitlagermaterialien mit hochfesten Materialien, die Kombination aus harten und weichen Materialien für Dichtungen oder auch die Kombination Gleitlagermaterial mit elektrisch leitfähigen Kunststoffen. Leitfähige Kunststoffe – kann so mithilfe des Multimaterial- 3D-Drucks auch Sensorik in die Produkte integriert werden, Stichwort: Industrie 4.0? Ja genau, mithilfe des 2K-Drucks haben wir die Möglichkeit, intelligente Verschleißteile zu fertigen, die selbst erkennen, wann sie getauscht werden sollten. Die Sensor-Schicht wird dabei an den zu belastenden Stellen des Bauteils aufgetragen. Die Komponenten werden aus den Filamenten Iglidur I150 oder Iglidur I180 und einem speziell entwickelten elektrisch leitfähigen 3D-Druck-Material hergestellt, welches sich gut mit dem Tribofilament verbindet. Wo liegen die Grenzen des Mehrkomponenten-3D-Drucks? Aktuell sind wir begrenzt auf Kunststoffe, die im FDM-Verfahren verarbeitet werden können und natürlich auch an die Größe des 01 Der Hauptkörper dieses Lagerblocks ist aus faserverstärktem Filament aufgebaut, während die kritische Lagerfläche, auf der die Welle läuft, aus Tribo-Filament gefertigt ist 02 Es empfiehlt sich eine Verbindung vorzusehen, die nicht nur stoffschlüssig, sondern auch formschlüssig ist – das bietet eine höhere Sicherheit gegen Versagen 3D-Druck-Bauraums. Bei der Kombination von zwei Kunststoffen entfällt beim 2K-Druck die Möglichkeit, Stützmaterial aus einem zusätzlichen Material zu drucken, das erhöht wieder den Nacharbeitsaufwand. Daher wird Igus ab April einen 3D-Druckservice mit bis zu vier Kunststoffen anbieten, sodass diese Möglichkeit wieder gegeben ist. Was müssen Konstrukteure bei der Produktentwicklung im Hinblick auf den Mehrkomponenten-3D-Druck beachten? Das 3D-Modell sollte so erstellt werden, dass die unterschiedlichen Materialbereiche eigene Volumenkörper ergeben, diese sind für die Materialzuordnung notwendig. Zudem gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Verbindung der verschiedenen Kunststoffe zu gestalten. Ein zusätzlicher Formschluss ist empfohlen. Vielen Dank für das Gespräch. Das Interview führte Martina Klein, stv. Chefredakteurin. Bilder: igus www.igus.de Unbenannt-2 1 www.derkonstrukteur.de DER KONSTRUKTEUR 10.12.2020 2021/05-06 10:40:33 29