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DER KONSTRUKTEUR 6/2020

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DER KONSTRUKTEUR 6/2020

ANTRIEBSTECHNIK SO

ANTRIEBSTECHNIK SO BEWAHRT DER ANTRIEB EINEN KÜHLEN KOPF PRODUKTE UND ANWENDUNGEN Die Produktion läuft auf vollen Touren. Wenn die Fertigungslinien so weiterarbeiten, wird ein neuer Monatsrekord aufgestellt. Doch dann: Bandstillstand. Ursache: Der Antrieb in der Verpackungsanlage ist überhitzt und muss ausgetauscht werden. Dieses Szenario können Sie als Konstrukteur vermeiden. Wärme sollte bei der Auslegung des Antriebs grundsätzlich eine Rolle spielen. Führen Sie sich die gesamte Kette vor Augen, von der Wärmeentstehung im elektrischen Antrieb bis hin zur Umgebungsluft, in die am Ende die ganze Wärmeenergie übergeht. Jeden einzelnen Schritt sollten Sie betrachten und gegebenenfalls verbessern. MÖGLICHST WENIG WÄRME ENTSTEHEN LASSEN In elektrischen Antrieben entsteht auf unterschiedliche Arten Wärme. Es lassen sich drei Hauptwärmequellen nennen. Erstens: elektrischer Widerstand – Strom fließt durch die Kupferwicklungen eines Motors, durch Lötstellen und elektronische Bau­ Autor: Michael Burgert, Produktmanager BLDC-Motoren, Dunkermotoren GmbH, Bonndorf teile. Je nach Motorstrom, Schaltungsauslegung und Qualität der Bauteile wird mehr oder weniger elektrische Energie in Wärme umgewandelt. Zweitens: Wirbelströme/Ummagnetisierungsverluste – durch ständiges Ummagnetisieren des verwendeten Motor-Blechs bzw. durch Wirbelströme wird elektrische Energie und Rotationsenergie in Wärmeenergie umgewandelt. Drittens: Reibungsverluste – abrollende Kugellager und Zahnräder und Schmierstoffe, die bewegt werden, wandeln Bewegungsenergie und Wärmeenergie um. Jetzt könnten Sie einwenden, dass Sie als Konstrukteur wohl kaum die Wärmequellen verändern können. Schließlich haben Sie ja keinen Einfluss auf die verwendeten Getriebematerialien, die Eisenbleche oder die elektrischen Bauteile, die der Hersteller der Antriebe einsetzt. Aber gerade hier an der Wärmequelle haben Sie viele Möglichkeiten zu steuern, dass möglichst wenig Wärme entsteht, die sonst später mit großem Aufwand abgeführt werden müsste: n Wählen Sie einen Motor mit hohem Wirkungsgrad, der dann auch am Punkt mit dem höchsten Wirkungsgrad betrieben werden sollte. Die Angaben dazu stellt Ihnen der Motor-Hersteller zur Verfügung. Motoren, die mit Vektor-Control betrieben werden, haben einen besonders hohen Wirkungsgrad. n Vergleichen Sie dabei nicht Äpfel mit Birnen. Nur wenn die Spezifikationswerte ohne zusätzliche Kühlplatte aufgenommen wurden (nach EN 60034), sind sie repräsentativ und vergleichbar. Auch bei Getrieben ist Vorsicht geboten. Gibt der Hersteller den Gesamtwirkungsgrad an oder nur den theoretischen Verzahnungswirkungsgrad? Aus einem 97 % Verzahnungswirkungsgrad kann schnell ein 80 % Gesamtwirkungsgrad werden und damit das Getriebe zu einer starken Wärmequelle. 20 DER KONSTRUKTEUR 2020/06 www.derkonstrukteur.de

ANTRIEBSTECHNIK n Testen Sie im Zweifelsfall den Antrieb in der Applikation unter „Worst-Case“ Bedingungen. Smarte Motoren haben integrierte Temperatursensoren, deren Werte Sie auslesen können. n Je nach Anwendungsfall können spezielle Hochtemperaturfette in Getrieben eingesetzt werden, damit diese weniger Verlustwärme erzeugen. WÄRME OPTIMAL ABFÜHREN Die Entstehung von Wärme lässt sich natürlich nicht komplett vermeiden. Diese Wärme muss nun in die Umgebungsluft abgegeben werden. Ganz spontan könnten Sie jetzt sagen: Wenn der Antrieb zu warm wird, setze ich einen Lüfter ein. Allerdings sollte aufgrund von Geräuschen, Kosten und begrenzter Lebensdauer von Lüftern eine Zwangslüftung wirklich nur dann eine Option sein, wenn alle anderen Möglichkeiten versagen. Und Möglichkeiten gibt es genug. Um sich den Wärmefluss vom Antrieb bis zur Umgebungsluft zu veranschaulichen, können Sie die Wärme mit Wasser vergleichen. ZWANGSLÜFTUNG SOLLTE NUR DANN EINE OPTION SEIN, WENN ALLE ANDEREN MÖGLICHKEITEN, WÄRME ABZULEITEN, VERSAGEN Dieses Wasser fällt als Dauerregen (konstante Zufuhr von Wärmeenergie) bis zum Meer (Umgebungsluft). Muss das Wasser durch fast undurchdringliches Gestein, staut es sich und fließt nur langsam ab. Fließt es dagegen in einem breiten Flussbett, gibt es keinen Wasserstau und es fließt ungehindert ab. Das undurchdringliche Gestein sind in diesem Vergleich Stoffe mit schlechter Wärmeleitfähigkeit. Das breite Flussbett ist entsprechend gut wärmeleitfähiges Material mit einem großen Querschnitt. Hochlegierter Stahl leitet Wärme bis ca. zehnmal schlechter als Aluminium-Legierungen. Diese Legierungen leiten Wärme wiederum bis ca. 1 000-mal besser als viele technische Kunststoffe und fast 10 000-mal besser als Luft. Um die Wärme gut abfließen lassen zu können, sorgen Sie also dafür, dass der Antrieb großflächig an gut wärmeleitfähigem Material befestigt wird. Schon ein Luftspalt von 100 µm Breite würde die Wärme etwa so schlecht ableiten wie über die Distanz von ca. 1000 mm Aluminium. Durch gute thermische Anbindung verteilt 01 Wärmebilder eines Antriebs – einmal thermisch isoliert (oben) und einmal mit Flansch direkt angebunden (unten) sich die Wärme gut in der Applikation und hat eine große Oberfläche, von der aus die Wärme an die Umgebungsluft abgegeben wird. Vermeiden Sie geschlossene Gehäuse. Wo immer es möglich ist, sorgen Sie für großflächige Lüftungsschlitze in der Maschine oder im Gerät. Durch natürliche Konvektion wird an der Unterseite der Gehäuse Umgebungsluft angesaugt, darin nimmt die Luft die Verlustwärme der Komponenten auf und wird an der Oberseite erwärmt abgegeben. Dies gilt natürlich nur, wenn auch Lüftungsschlitze mit entsprechend großem Querschnitt vorhanden sind. Verwenden Sie dezentrale Antriebstechnik mit integrierter Elektronik. Die Verlustwärme der Motorelektronik entsteht damit www.derkonstrukteur.de DER KONSTRUKTEUR 2020/06 21