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DER KONSTRUKTEUR 7-8/2016

DER KONSTRUKTEUR 7-8/2016

ANTRIEBSTECHNIK

ANTRIEBSTECHNIK Leistungsgrenzen ausloten Kupplungen und Gelenkwellen für sichere und effiziente Prüfstände Dirk Hasenstab Genaue Messergebnisse, unterschiedlichste Prüfverfahren oder reproduzierbare Tests – Prüfstände müssen so einiges leisten. Dementsprechend hoch sind die Anforderungen an die dort eingesetzten Antriebskomponenten, wie zum Beispiel Kupplungen und Gelenkwellen. Dirk Hasenstab R+W Antriebselemente GmbH, Klingenberg Ob für Versuche, Simulationen oder Dauerfestigkeitsprüfungen, Prüfstände finden in fast allen Industrien und Branchen ihren Einsatz. Die verschiedensten technischen Bauteile und Komponenten werden auf ihnen geprüft oder diversen, anspruchsvollen Tests unterzogen. Trotz teils extremster Prüfbedingungen müssen verlässliche sowie möglichst genaue Messergebnisse erbracht werden. Neben hohen technischen Anforderungen spielen Kosteneffizienz und Betriebssicherheit hierbei eine wichtige Rolle. Zudem müssen Prüfstände oft möglichst einfach an die unterschiedlichsten Prüfverfahren angepasst werden können. In vielen Fällen müssen teure Antriebsstrangkomponenten, wie z. B. Motoren, Getriebe oder Drehmomentmessflansche, auch vor unerwarteten Drehmomentüberlasten geschützt werden. Kupplungen und Gelenkwellen leisten in diesem Zusammenhang einen wichtigen Beitrag. Die R+W Antriebselemente GmbH setzt darauf, den Konstrukteuren die genau passende Kupplungslösung zur Verfügung zu stellen. Das Klingenberger Unternehmen bietet eine große Auswahl an Präzisions- und Industriekupplungen, welche für die unterschiedlichsten Bedürfnisse geeignet sind. Wenn es für eine Kundenanfrage eine bestehende Standardlösung gibt, die genau passt, kommt diese zum Einsatz. Ansonsten entwickeln die Ingenieure des Kupplungsspezialisten eine bedarfsgerechte Sonderlösung. Sicherheitskupplung für unterschiedliche Prüfverfahren Wenn es keine Standardlösung gibt, entwickeln die Kupplungsspezialisten eine bedarfsgerechte Sonderlösung So auch in einem konkreten Fall, bei dem ein mechanischer Überlastschutz in einem Lastprüfstand zwischen Motor und Drehmomentmessflansch gefordert war. Dem Auftraggeber aus dem Automotivbereich war es besonders wichtig, zwei unterschiedliche Prüfverfahren auf einem Getriebeprüfstand durchführen zu können. Dabei sollte eine Sicherheitskupplung zum Einsatz kommen, um die sehr hochwertigen und damit kostspieligen Drehmomentmessflansche zuverlässig vor Überlast zu schützen. Sie sollte kurz und kompakt konzipiert sein und auf ihrer Abtriebsseite eine adapterfreie Anbindung für zwei unterschiedliche Messflansche aufweisen. Zudem galt es, bei beiden geforderten Prüfverfahren einen hohen Drehmoment- und Drehzahlbereich abzudecken. Bei unterschiedlichen Ausrückmomenten sollten die An- und Abtriebseite bei Überlast im Millisekundenbereich mechanisch getrennt werden. Dazu musste die Kupplung einstellbar sein. In Zahlen: Prüfverfahren Eins erfordert ein Nenndrehmoment von 1000 Nm bei 10 000 min -1 (Ausrückmoment bei 1500 Nm); Prüfverfahren Zwei ein Nenndrehmoment von 3500 Nm bei 4000 min -1 (Ausrückmoment bei 5000 Nm als Überlastschutz). Da die geforderte Sicherheitskupplung aus Platzgründen nicht länger als 190 mm sein durfte, muss sie enormen Kraftverhältnissen standhalten. Kompakte und leistungsfähige Doppelflanschlösung Auf der Basis der Industrie-Sicherheitskupplung vom Modell ST1 Serie 5 entwickelten die Spezialisten von R+W eine extrem kompakte und leistungsfähige Doppelflanschlösung. Serienmäßig wird diese Kupplung auf einer Seite mit einer Kupplungsnabe mit Passfederverbindung (Vielkeilprofil auf Anfrage möglich) sowie einem Anbauflansch mit Gewinde auf der 24 Der Konstrukteur 7-8/2016

ANTRIEBSTECHNIK anderen Seite geliefert. Die Sonderlösung kann antriebsseitig ohne Zwischenadapter direkt angebunden werden und verfügt auf der Abtriebseite über eine clevere Flanschanbindung mit zwei unterschiedlichen Lochkreisdurchmessern sowie, aufgrund eines zusätzlichen Zentrierringes, über zwei unterschiedlichen Zentrierpassungen (70h6 und 90h6), an denen die Drehmomentmessflansche montiert werden können. Wie alle Sicherheitskupplungen von R+W arbeiten die Modelle der ST-Baureihe als federbelastete Formschlusskupplungen. Die Anzahl und der Lochkreisdurchmesser der Schaltsegmente bestimmen maßgeblich das jeweils übertragbare Drehmoment. Innerhalb der vorgespannten Schaltsegmente bewegen sich Kugeln im Falle einer Überlast axial aus den Kalotten und bewirken so innerhalb von Millisekunden eine dauernde Lasttrennung der An- und Abtriebsseite. Durch axialen Druck auf die Schaltstößel rastet die Kupplung einfach wieder ein. Das voreingestellte Ausrückmoment kann bei Bedarf mit wenigen Handgriffen angepasst werden. Die Vorteile der Doppelflansch-Sicherheitskupplung liegen in ihrer Flexibilität sowie einer deutlichen Verkürzung der Rüstzeit des Prüfstands, was eine entsprechende Kostenersparnis zur Folge hat. Desweiteren konnte aufgrund ihrer Überlastfunktion die Prozessstabilität und die Sicherheit entscheidend erhöht werden. STATEMENT Dr. Michael Döppert, Chefredakteur Prüfstände gehen immer wieder an die Grenze der Belastbarkeit der Prüflinge, oft sogar über deren Belastungsgrenzen hinaus bis zur Zerstörung. Entsprechend hoch sind die Anforderungen an die Prüfstände und an die in ihnen verbauten Komponenten, denn diese dürfen niemals an ihre Belastungsgrenzen kommen bzw. müssen entsprechend abgesichert sein. Wenn also Komponenten „prüfstandtauglich“ sind, ist dies durchaus ein besonderes Qualitätsmerkmal. 01 02 Gelenkwelle für extreme Temperaturbedingungen Prüfverfahren, in denen die Funktionsfähigkeit des jeweiligen Prüflings unter extremen Temperaturbedingungen kontrolliert wird, sind in der technischen Industrie Alltag und beispielsweise in der Automobilindustrie als „Burn-in“– oder „Run-in“-Test bekannt. So müssen oftmals mechanische und elektrische Komponenten eines Fahrzeuges sowohl bei sibirischen als auch bei saharaähnlichen Bedingungen funktionieren, Temperaturschwankungen von bis zu 100 °C sind keine Seltenheit. Natürlich müssen aber auch die mechanischen Systeme wie Motoren, Kupplungen oder Getriebe, die zum Funktionstest solcher Komponenten eingesetzt werden, bei derartigen Bedingungen zuverlässig und fehlerfrei funktionieren. Ein R+W-Kunde testet seine Produkte in einer Klimakammer, in der Temperaturschwankungen zwischen -40 und +120 °C abgedeckt werden. Dort werden die Prüflinge von einem außen liegenden Antrieb bewegt. Diesen durchaus diffizilen Anforderungen begegnet R+W mit seinen flexiblen Kupplungs- und Gelenkwellenlösungen souverän. In einem konkreten Fall war beispielsweise eine Sonderausführung der längenvariablen und schwingungsdämpfenden Gelenkwelle vom Typ EZV die beste Wahl. Gelenkwellen dieses Typs sind absolut spielfrei und können mit Elastomerkränzen in diversen Shorehärten geliefert werden. Durch diese sind sie in der Lage, axiale, laterale und angulare Versätze auszu- 01 Die Industrie-Sicherheitskupplung der Modellreihe ST1 diente als Basis für eine extrem kompakte und leistungs fähige Doppelflanschlösung 02 Eine Ausführung einer längenvariablen und schwingungsdämpfenden Gelenkwelle 03 Elastomerkränze in verschiedenen Shorehärten wie sie in absolut spielfreien Gelenkwellen verbaut sind 03 gleichen und Schwingungen sowie etwaige Stöße zu kompensieren. Die Kupplungsprofis von R+W setzten aufgrund der dauerhaft hohen Temperaturen hier auf einen speziellen Hytrel-Elastomerstern mit einer Shorehärte von 64 Shore D, der sich durch eine besonders hohe Temperaturbeständigkeit (in Einsatzbereichen zwischen -50 und +150 °C) auszeichnet. Die in ihrer Länge verstellbare Gelenkwelle ermöglicht es zudem, schnell und flexibel auf benötigte Umbauten zu reagieren, was letztlich die Rüstzeiten reduziert und Kosten senkt. Geprüft und für gut befunden Prüfstände testen technische Komponenten und helfen somit, die Planungssicherheit der Unternehmen zu erhöhen. Kupplungen und Gelenkwellen helfen wiederum dabei, Prüfstände optimal einsetzen zu können und zwar mit einem möglichst geringem Zeit- und Kostenaufwand. Die R+W Antriebselemente GmbH verfügt standardmäßig über zahlreiche Kupplungsbaureihen, welche für die vielfältigsten Anforderungen geeignet sind. Kundenindividuelle Sonderlösungen gehören jedoch ebenso zum Tagesgeschäft und sind auf Anfrage erhältlich. Hauseigene Prüfstände – wie beispielsweise ein Dauerfestigkeits-Prüfstand für statische und dynamische Drehmomenttest, ein Gelenkwellen-Prüfstand zum Testen von biegekritischen Drehzahlen oder ein Schwerlast-Prüfstand zum Testen von Industriekupplungen – helfen dabei. www.rw-kupplungen.de Der Konstrukteur 7-8/2016 25